Bodensee

Zwischen Kreisstadt und Provinz

Michael E. Dörr, Vorsitzender des Kulturvereins Meersburg und Geschäftsführer der Konstanzer Gemeinde (l.), und Peter Stiefel, der Vorsitzende der Synagogengemeinde Konstanz Foto: Nicole Dreyfus

Zum ersten Mal finden in der Kreisstadt Konstanz und der Kleinstadt Meersburg vom 18. Juni bis zum 27. Juli gemeinsame Jüdische Kulturwochen statt. Das Programm mit mehr als 30 Veranstaltungen hat für jeden Geschmack etwas zu bieten. Heiteres und Trauriges, Geschichte und Gegenwart – jüdische Kultur vom Feinsten möchte die Veranstaltungsreihe zum Besten geben.

So haben sich denn auch die Jüdischen Kulturwochen kein bestimmtes Motto gegeben, verfolgen doch alle Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen und diversen Ausstellungen laut Peter Stiefel, dem Vorsitzenden der Synagogengemeinde Konstanz, vor allem ein Ziel: Sie sollen auf das jüdische Leben und die vielseitige jüdische Kultur in der Region aufmerksam machen.

»Jüdischkeit wird oft nur über die Religion wahrgenommen, sowohl nach innen als auch nach außen. Es ist an der Zeit, dies zu ändern«, sagt Peter Stiefel. Es sei ihm ein Anliegen, dass sich Menschen mit jüdischem Hintergrund, die in der Bodenseeregion leben, aber nur wenig Bezug zur lokalen jüdischen Geschichte haben, für die vielschichtige Kultur, die sich über Jahrhunderte hinweg aus dem Judentum entwickelt hat, interessieren. »Viele Zugereiste aus den ehemaligen Sowjetstaaten kennen das reiche jüdische Erbe hier nicht.«

Aufmerksamkeit Zusammen mit Michael E. Dörr, dem Vorsitzenden des Kulturvereins Meersburg und Geschäftsführer der Konstanzer Gemeinde, zu der auch Mitglieder von der nördlichen Bodensee-Seite gehören, will er die Aufmerksamkeit auf eine jüdische Welt lenken, deren Schlüssel Musik, Sprache, Literatur und Humor bilden.

Am Eröffnungsabend wird Joel Berger, der ehemalige Landesrabbiner von Württemberg, über das Jüdische in der deutschen Sprache erzählen. Am Montag, dem 19. Juni, möchte der Konstanzer Historiker Helmut Fidler gemeinsam mit dem Publikum die heute vergessenen Orte jüdischen Lebens in Konstanz wiederentdecken. Zu Gast sein wird auch die Regisseurin Britta Wauer, die am 25. Juni ihren Film Rabbi Wolff – ein Gentleman vor dem Herrn zeigt und anschließend ein Gespräch über die Entstehung und Hintergründe führt.

Peter Stiefels persönliches Highlight ist Raffael Wieler-Blochs Lesung am 12. Juli in Konstanz. Raffael Wieler-Bloch hat subtil und manchmal auch traurig das Leben und Werk des gehörlosen Porträt- und Landschaftsmalers Richard Liebermann nachgezeichnet.

Am 17. und 18. Juli wird Alfred A. Fassbind in beiden Städten einen Abend für Joseph Schmidt gestalten. Fassbind ist Kurator des Joseph-Schmidt Archivs bei Zürich und Verfasser der führenden Joseph-Schmidt-Biografie Sein Lied ging um die Welt.

programm Bereits am 27. Juni ist der Kabarettist und Entertainer Robert Kreis im Spiegelsaal des Meersburger Neuen Schlosses und am 28. Juni im Wolkenstein-Saal des Kulturzentrums Konstanz mit seinem Programm »Verehrt, verfolgt vergessen – eine Hommage an jüdische UnterhaltungskünstlerInnen« zu Gast.

Die Veranstaltungen sind kostenlos. Mittels Sponsoren konnten laut den Veranstaltern die Kosten gedeckt werden. »Es war uns ein wichtiges Anliegen, dass wir all unsere Lesungen und Vorträge ohne Eintritt anbieten können, um allen Interessierten die Möglichkeit für einen Besuch dieser Veranstaltungen geben zu können«, sagt Stiefel. Es sei das erste Mal, dass sich die Synagogengemeinde ein solch großes Projekt vorgenommen habe.

Die Schirmherrschaft der Jüdischen Kulturwochen haben Rami Suliman, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, Bernhard Erbprinz von Baden, Landrat Frank Hämmerle (Konstanz), Uli Burchardt, Oberbürgermeister der Stadt Konstanz, Robert Scherer, Bürgermeister von Meersburg, sowie Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, übernommen.

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