Zum zweiten Mal in einer Woche haben Unbekannte einen Anschlag auf den Erinnerungsort KZ-Außenlager Jamlitz bei Lieberose im Landkreis Dahme-Spreewald verübt. Diesmal wurde die Eingangstafel mit Informationen über den Holocaust und die Geschichte des ehemaligen Außenlagers gesprengt, teilte die Kirchengemeinde Lieberose und Land mit, die Trägerin der Dokumentationsstätte ist.
Wenige Tage zuvor waren die zwei Informationstafeln vollständig zerstört worden, die in der Freiluftausstellung über jüdische Zwangsarbeiter und Massenerschießungen in Jamlitz informierten.
explosion Nach Angaben des Historikers und Gemeindekirchenratsmitglieds Andreas Weigelt hatten Anwohner gegen 13 Uhr eine Explosion gehört und umgehend die Gemeinde verständigt. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf.
Vertreter aus Politik und Gesellschaft demonstrieren unterdessen Solidarität mit dem wiederholt angegriffenen Erinnerungsort KZ-Außenlager Jamlitz bei Lieberose im Landkreis Dahme-Spreewald. Brandenburgs Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) will am Freitag unter anderem mit dem Direktor der Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten, Günter Morsch, und dem Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland, Peter Fischer, die Gedenkstätte besuchen.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, verurteilte die Zerstörung aufs Schärfste und ermutigte die Evangelische Kirchengemeinde Lieberose und Land trotz des Angriffs »ihre wichtige Arbeit als Trägerin des Dokumentationsortes weiterzuführen«. Die Landeskirche werde die Gemeinde dabei nachdrücklich unterstützen. Die Beauftragte für die Erinnerungskultur in der Landeskirche, Marion Gardei, betonte, der erneute Anschlag habe Entsetzen und tiefe Abscheu hervorgerufen: »Die Tat zeigt eine neue Stufe des Hasses und der Gewalt.«
Weigelt betonte, die Gemeinde müsse ihre Sichtbarkeit vor Ort erhöhen und mehr Veranstaltungen auf dem Erinnerungsort anbieten. Er selbst war noch eine halbe Stunde vor dem Anschlag auf dem Gelände gewesen und hatte die Tage zuvor zerstörten Stelen abgebaut. Er betonte, der Erinnerungsort beziehe die Anwohner ein, diese respektierten auch die Erinnerungsstätte.
zwangsarbeit Im KZ-Außenlager Jamlitz wurden von 1944 bis 1945 Tausende jüdische Häftlinge durch Zwangsarbeit oder Erschießung ermordet. Die Waffen-SS hatte das Lager Ende 1943 als Nebenlager des KZ Sachsenhausen errichtet. Viele Häftlinge des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau kamen zur Arbeit nach Jamlitz, Arbeitsunfähige wurden nach Auschwitz zurück deportiert. Die Häftlinge mussten mit primitivsten Mitteln Kasernen, Straßen und militärische Anlagen für den SS-Truppenübungsplatz »Kurmark« errichten.
Bei der Evakuierung des Lagers vor Kriegsende kamen mehr als 2000 Häftlinge um. 1971 wurde das Massengrab mit sterblichen Überresten der Ermordeten im Nachbarort Schenkendöbern entdeckt. In der DDR erinnerten in der Stadt Lieberose lediglich ein Mahnmal und später ein Museum an die Ermordeten von Jamlitz. Am Gedenkort selbst seien damals die letzten Zeitzeugnisse beseitigt worden, beklagt Weigelt, der über das KZ-Außenlager Jamlitz promoviert hat. epd