Seit Kurzem ist der »DenkOrt Deportationen«, das von Zentralratspräsident Josef Schuster mitkonzipierte Mahnmal für die Deportation von 2069 unterfränkischen Juden, um zwei Koffer erweitert worden. Somit sind 47 unterfränkische Gemeinden mit einem Koffer im zentralen Mahnmal auf dem Würzburger Bahnhofsvorplatz vertreten. Hinzu kommt jeweils ein Koffer in den beteiligten Gemeinden – insgesamt existierten vor 1933 in Unterfranken 109 jüdische Gemeinden.
Im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld, in der Nähe des ehemaligen Standorts der prächtigen Barocksynagoge, erinnert ein Koffer aus Beton an 700 Jahre jüdische Geschichte im »Städtle«. Gefertigt hatten ihn Schüler der Berufsschule »Josef Greising«. Schulleiter Joseph Schweiger wies bei der Präsentation darauf hin, dass die Vermittlung des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte durch solche Objekte für die nächste Generation greifbarer werde.
Oberrabbinat Wie Schuster bei der Präsentation betonte, war die Heidingsfelder Gemeinde sogar lange die bedeutendere der beiden Gemeinden im Stadtgebiet: Dort hatte das Oberrabbinat seinen Sitz. Zur Hochzeit der jüdischen Gemeinde war rund ein Fünftel der Heidingsfelder Juden.
Der neue Koffer wurde von Schülern des Würzburger Matthias-Grünewald-Gymnasiums entworfen.
Auf die bevorstehende Präsentation des zweiten, von Schülern des Würzburger Matthias-Grünewald-Gymnasiums entworfenen Koffers in der Würzburger Innenstadt wies Schuster in seiner Ansprache ebenfalls hin: »Die zwei jüdischen Gemeinden in Heidingsfeld und Würzburg waren damals räumlich getrennt voneinander. Die Deportationen haben also in der Stadt und in Heidingsfeld stattgefunden, deswegen finde ich es richtig und historisch korrekt, wenn ein symbolisches Gepäckstück sowohl in Heidingsfeld als auch in der Innenstadt daran erinnert.«
Widerstand Bei der Veranstaltung im Würzburger Stadtzentrum am 29. Oktober vertrat Marat Gerchikov von der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken den Zentralratspräsidenten. In seiner von Gerchikov verlesenen Ansprache wies Schuster darauf hin, dass nur sehr wenige jüdische Würzburger die Schoa überlebten und es kaum Widerstand in der Würzburger Bevölkerung gab.
»Aber 75 Jahre nach dem Ende der Schoa stellen wir fest, dass es wieder jüdisches Leben in Würzburg und in Deutschland gibt«, konstatierte Schuster. Die Juden seien ein anerkannter Teil der Gesellschaft, es sei den Nazis nicht gelungen, das Judentum zu vernichten. »Wir sind da! Wir gehören dazu, und das wird auch so bleiben. Das ist ein Grund zur Freude!«
Er wies auf den »unerträglich steigenden Antisemitismus in den vergangenen Jahren« hin. »Der alte Sündenbock ist wieder da und Zielscheibe für Anschläge und Hass.« Schuster dankte Benita Stolz, Vorsitzende des Vereins »DenkOrt Deportationen«, der Stadt Würzburg und ihrem Oberbürgermeister für ihr Engagement. »Dieses Denkmal fällt auf, ohne eine Botschaft sozusagen mit der Faust aufs Auge zu haben«, betonte Schuster. »Es schockiert nicht, einen Koffer zu sehen. Aber es regt zum Nachdenken und hoffentlich auch zur Neugierde an.«