Hamburg-Neuengamme

Zukunft der Vergangenheit

Außenlager des frühreren Konzentrationslagers Neuengamme Foto: imago

Es ist eines der drängendsten Themen der kommenden Jahre: Wie gehen wir mit dem Verlust der letzten Zeitzeugen um? Wie können wir es schaffen, die Erinnerung an die Geschehnisse der NS-Zeit auch ohne sie weiterzuvermitteln? Eine Konferenz in Neuengamme will sich diesen Fragen widmen. Anfang Mai treffen sich in der KZ-Gedenkstätte vor den Toren Hamburgs Nachkommen und Angehörige von NS-Verfolgten, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und ihr gemeinsames Netzwerk auszubauen.

Es ist bereits das vierte Mal, dass das Forum »Zukunft der Erinnerung« organisiert wird. Die erste Tagung fand 2015 statt, um den 70. Jahrestag der Befreiung von Nazi-Deutschland zu feiern. Am 1. Mai dieses Jahres werden sich Kinder, Enkel und Urenkel in Neuengamme treffen. »Wir bieten den Nachkommen von NS-Verfolgten einen geschützten Raum, um sich über ihre Familiengeschichte und die Rolle, die diese in ihrem Alltag spielt, auszutauschen«, sagt Mitorganisatorin Swenja Granzow-Rauwald.

Es geht auch darum, eine gemeinsame Kultur künftigen Erinnerns zu schaffen. Daher sei das Forum auch eine Art Grundstein einer europäischen Gedenkkultur. Ein Teil dieser gemeinsamen Erinnerungskultur ist der mehrsprachige Blog »Reflections«, auf dem Nachkommen ihre Familiengeschichten teilen und sich miteinander zu vernetzen können. Unterstützt wird diese Plattform von Organisationen der Nachkommen aus verschiedenen Ländern.

Kooperationsprojekt Hierzu soll auch die Geschichte außerhalb Deutschlands und Europas einbezogen werden. Susanne Lewerenz, eine der Organisatorinnen des Forums, erzählt, warum in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf die Repräsentation internationaler Geschichten gelegt wurde: »Bei der Themenwahl war uns wichtig, zu zeigen, dass Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Menschen aus den verschiedensten Ländern – aus dem globalen Norden wie auch dem globalen Süden – auf jeweils ganz spezifische Art und Weise betroffen haben und noch heute betreffen.«

Gemeinsam mit ihrem Augsburger Kollegen Philipp Bernhard rief sie deshalb das Kooperationsprojekt »Verflechtungen. Koloniales und rassistisches Denken und Handeln im Nationalsozialismus: Voraussetzungen, Formen, Folgen« ins Leben. Hier sollen Multiplikatoren ausgebildet werden, die das Thema an Schulen und Bildungseinrichtungen vermitteln können.

In mehreren Podiumsgesprächen wird es um internationale Perspektiven gehen. Nachkommen von Tätern und Opfern der Franco-Diktatur berichten von ihren Erfahrungen, die persönlichen Geschichten von Nachkommen aus den von Deutschen besetzten europäischen Ländern werden vorgestellt, und auch die als beispielhaft geltende Aufarbeitung des Genozids in Ruanda wird Thema eines Podiums sein.

Migranten Bei dieser Tagung soll auch eine Brücke geschlagen werden zu den Erfahrungen heutiger Migranten in Deutschland. Es ist ein Versuch, die historische Aufarbeitung mit Lebenswelten zu verknüpfen, die dichter am Alltag beispielsweise von Schülern liegen.

Das Bremer Projekt »MultipeRSPEKTiv« versucht mit einem partizipierenden Ansatz, die Perspektiven und Geschichten von Geflüchteten auf die internationalen Auswirkungen der NS-Zeit einzubeziehen. Auch beim Theaterstück Blickwechsel, das zur Gedenkfeier am 3. Mai aufgeführt wird, geht es darum, die Schüler an die Formen des Erinnerns heranzuführen. Schließlich sollen die kommenden Generationen in der Lage sein, die Geschichte der NS-Zeit glaubhaft und zeitgemäß weiterzuvermitteln. Die Ausbildung zu Multiplikatoren an Schulen, Universitäten und Bildungseinrichtungen wird dafür maßgeblich sein.

Anmeldungen sind noch bis zum 20. April möglich.

Kontakt:
Sophia Annweiler, KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Studienzentrum 040/428 13 15 43, studienzentrum@bkm.hamburg.de
Veranstaltungsort: KZ-Gedenkstätte Neuengamme

München

Ein Gebäude von Worten

Die preisgekrönte israelische Dichterin Agi Mishol war zu Gast im Lyrik Kabinett

von Nora Niemann  03.12.2024

Berlin

Anne Frank Zentrum feiert 30. Jubiläum

Anlässlich seines 30-jährigen Bestehens lädt das Anne Frank Zentrum in Berlin am Wochenende in die Ausstellung »Alles über Anne« ein. Der Eintritt ist frei

von Stefan Meetschen  02.12.2024

Berlin

Koscher übernachten

lan Oraizer renovierte eine Villa und baute sie zu einem Hotel um, das religiösen Standards genügt. Sein Haus ist auf Wochen ausgebucht. Ein Ortsbesuch

von Christine Schmitt  01.12.2024

Köln

Für die Zukunft der Kinder

Bei der WIZO-Gala konnten 529 neue Patenschaften gewonnen werden

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  01.12.2024

Porträt der Woche

Angst lässt sich lindern

Lisa Strelkowa studiert Psychologie und macht ein Praktikum in einer Tagesklinik

von Brigitte Jähnigen  01.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  01.12.2024

Berlin

75 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

Am Sonntag wird gefeiert und auch ein neues Buch präsentiert

 30.11.2024

Potsdam

In der Tradition des liberalen deutschen Judentums

Die Nathan Peter Levinson Stiftung erinnerte an ihren Namensgeber

 28.11.2024

Berlin

Gemeindebarometer: 7. Oktober beeinflusst Stimmungsbild

Jüdische Bürger fühlen sich wegen des Hamas-Terrors weniger sicher

 28.11.2024