München

Zu Fuß durch den Negev

Was kann man sich selbst zum 50. Geburtstag und seiner Partnerin, mit der man 30 Jahre zusammen ist, schenken? »Zeit für uns«, war die Überlegung des Filmemachers Daniel Targownik. Die drei Töchter sind erwachsen, und seine aus Brasilien stammende Frau Paula Zimerman hatte er in Israel kennengelernt. So fiel die Entscheidung, das Land sechs Wochen auf dem »Shvil Israel – Israel National Trail« zu Fuß zu erkunden.

Als versierte Dokumentarfilmer hielten die beiden ihre Eindrücke fest und präsentierten das Ganze in einer vielseitigen Reisereportage, wie man sie im Hubert-Burda-Saal noch nie gesehen hatte. Freunde, Bekannte, Israel-Liebhaber und Israel-Kenner saßen im klimatisierten, bis auf den letzten Platz gefüllten Saal beisammen und konsumierten Episoden und Anekdoten von einer offensichtlich wunderschönen und anstrengenden, eindrücklichen und abwechslungsreichen, erschöpfenden, staubigen und zwischen Tageshitze und Nachtkühle oszillierenden Reise.

couscous Es gab auch richtig was zu essen, eine vom Restaurant »Einstein« fein abgeschmeckte Variante der Standard­verpflegung – Couscous vegetarisch oder mit Cabanossi –, die in der Wüste auf der Basis von Kichererbsenpaste und aufgebrühtem Suppen-Instantpulver sicher weniger gut geschmeckt haben dürfte. Targownik erwähnte auch, dass es auf der Wanderung – anders als bei der Präsentation – nicht unbegrenzt Wasser und schon gar keinen israelischen Wein gab.

Das aufgebaute Zelt, der kleine Gaskocher und anderes Zubehör inklusive Reiseapotheke, Navigationsmaterial und Kleidung machten deutlich, wie genau die beiden Israel-Wanderer sich die Zusammenstellung ihres Gepäcks hatten überlegen müssen. Die beiden Rucksäcke, für den 1,85 großen Daniel Targownik 19 Kilogramm schwer und für seine zierliche Frau Paula mit neun Kilogramm beladen, durfte man sich probeweise umhängen. Doch von der Trageerfahrung war man damit immer noch entfernt.

Gebannt lauschte das Publikum, wie Daniel Targownik – begleitet von Filmsequenzen und Fotostrecken, die seine Frau Paula einspielte – informativ und humorvoll über das Wanderabenteuer berichtete, voller »wunderbarer Erfahrungen auf dem Shvil«. Besonders eindrücklich bleibt in Erinnerung, wie viele Gesichter Israel hat. Entgegen der üblichen Route, die von Eilat nach Norden führt, brach das Ehepaar von Tel Aviv auf, ließ also gleich Strand und Wolkenkratzer hinter sich und entdeckte, wie viele schöne Wanderwege und Wald rund um die Metropole existieren.

Böschungen Drei Eindrücke vermittelten sich in den Erzählungen besonders nachdrücklich. Israel hat hinter seinen konsumorientierten, hochtechnisierten Arealen sämtliche Landschaftsarten und Klimazonen zu bieten. Wer entdeckt schon, wenn er von Tel Aviv Richtung Modi’in und weiter nach Jerusalem braust, wie viel Grün sich hinter den Straßenböschungen auftut. Immer wieder stößt man auf Hinweistafeln des Keren Kayemeth LeIsrael, der, so Targownik, seit 1901 an die 260 Millionen Bäume gepflanzt hat.

Die Hilfsbereitschaft der Menschen durch alle Altersgruppen, Ethnien und Lebensformen, denen man am Weg begegne, sei außergewöhnlich. Daniel Targownik sprach von den sogenannten Shvil-Engeln, die Wanderern – je nach Möglichkeit – einen Schlafplatz, Benutzung von Bad und Waschmaschine oder auch Wegzehrung bieten. So lernten die Targowniks über einen Internet-Link den Ingenieur Ari kennen, der sie mit einem selbst gekochten Abendessen begrüßte, sie zogen an der Friedensoase Neve Shalom vorbei, wo Juden und Muslime Lebensgemeinschaft wie Friedhof gemeinsam pflegen.

Bei Beduinen kosteten sie selbst gemachten Ziegenkäse, und äthiopische Jugendliche, die im sandigen Nirgendwo auftauchten, entlasteten Paula für eine Weile von ihrem Rucksack, als ob er nichts wiege. Sogar auf Bekannte stießen sie an unerwarteter Stelle, zum Beispiel den Künstler Gershom von Schwarze aus München. Ihn trafen die Targowniks im Kibbuz Neot Semadar, wo eine Gruppe Aussteiger eine kleine, vegan organisierte Oase unterhält.

wasser Das dritte im wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtige Element war das Wasser. Wie viel kann man mitschleppen? Schafft man es rechtzeitig zu einem Wasserhahn in einem KKL-Wald oder zu einer der Wasserkisten mit Zahlencode, die am Shvil Israel versteckt sind und deren Koordinaten man – gegen Bezahlung und wenn das GPS funktioniert – orten kann?

Dass Daniel so detailreich den Fortgang der Tour – bis hin zu den Farben der erzhaltigen Canyons in der Wüste – beschreiben kann, liegt am Reisetagebuch, das die versierte Drehbuchautorin Paula jeden Tag schrieb. Ehrlicherweise gibt es darin auch das Kapitel eines Stimmungseinbruchs in der dritten Woche. Da ging die teure Kamera zu Bruch, und ein schlimmer Ausschlag führte Paula in ein Krankenhaus im Negev.

Selbst wenn man tagelang einsam wandert, kann es hinter der nächsten Anhöhe eine Ortschaft, ein militärisches Übungsgelände geben – oder wieder nur Wüste. Geleitet ist man dann nur durch die charakteristische Wegmarkierung in Orange-Blau-Weiß.

Manche dachten am Ende des Abends laut darüber nach, selbst wenigstens ein Stück des Shvil Israel – wie dies übrigens viele Israelis tun – erkunden zu wollen.

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  15.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025

Meinung

»Als Jude bin ich lieber im Krieg in der Ukraine als im Frieden in Berlin«

Andreas Tölke verbringt viel Zeit in Kyjiw und Odessa – wo man den Davidstern offen tragen kann und jüdisches Leben zum Alltag gehört. Hier schreibt er, warum Deutschland ihm fremd geworden ist

von Andreas Tölke  13.09.2025

Porträt der Woche

Das Geheimnis

Susanne Hanshold war Werbetexterin, Flugbegleiterin und denkt über Alija nach

von Gerhard Haase-Hindenberg  13.09.2025