»Allianz für Weltoffenheit«

Zivilgesellschaft meldet sich zu Wort

Podiumsdiskussion beim Kölner Kongress Foto: Jörn Neumann

In den vergangenen Jahren ist das politische Klima in Europa rauer geworden: In Polen und Ungarn sind autoritäre Regierungen an der Macht, die westliche Werte wie Toleranz und Minderheitenschutz zunehmend vermissen lassen. In Deutschland sorgten Bewegungen wie Pegida und der politische Aufstieg der rechtspopulistischen AfD für einen Zuwachs rechtsradikaler und autoritärer Ideen.

Der Brexit und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten machten zudem vielen klar, dass der Westen als Gemeinschaft demokratischer Staaten keine Selbstverständlichkeit ist. Demokratie, Toleranz, der Frieden in Europa, wirtschaftlicher Austausch über die Grenzen hinweg und Reisefreiheit sind Errungenschaften, für die man immer wieder kämpfen muss.

So trafen sich in der vergangenen Woche unter dem Motto »Gemeinsam gelebte Demokratie« gesellschaftliche Kräfte und Glaubensgemeinschaften als »Allianz für Weltoffenheit« zu einem Kongress in Köln. Die Allianz will sich für die Werte der offenen Gesellschaft einsetzen.

Erklärung In ihr haben sich der Gewerkschaftsbund DGB und die Arbeitgeber, die Deutsche Bischofskonferenz, der Zentralrat der Juden, die Evangelische Kirche und der Koordinationsrat der Muslime mit dem Olympischen Sportbund, dem Kulturrat und dem Naturschutzring zusammengefunden. Gemeinsam repräsentieren sie und ihre Mitglieder einen großen Teil der deutschen Zivilgesellschaft.

In einer gemeinsam verfassten Erklärung setzen sich die Allianzpartner für eine humane Flüchtlingspolitik und Religionsfreiheit ein, ohne jedoch einen Freifahrtschein auszustellen: Religionsfreiheit bedeute auch, »dass niemand die eigene kulturelle oder religiöse Prägung als Deckmantel missbrauchen darf, um die Grundrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit, der körperlichen Unversehrtheit und der Gleichberechtigung von Mann und Frau infrage zu stellen oder Minderheiten zu diskriminieren«. Der Kongress setze ein Zeichen gegen die weltweit um sich greifende »Faszination des Autoritären«, gab Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Kongress in seiner Grußbotschaft mit auf den Weg.

Zentralratsvize Abraham Lehrer, der auch Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln ist, sagte bei der Podiumsdiskussion zur Eröffnung des Kongresses, er freue sich, dass der Zentralrat der Juden eingeladen worden sei, Teil der Allianz zu werden. »Das ist nicht selbstverständlich.« Der Zentralrat der Juden trete für ein respektvolles und tolerantes Miteinander aller Religionsgemeinschaften und den Schutz gesellschaftlicher Minderheiten ein. »Mit Gleichgültigkeit gewinnen wir den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus nicht«, betonte Lehrer. »Es wird Zeit, dass die gesamte Gesellschaft aufsteht gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa.«

Zusammenhalt Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, von dem die Initiative zur Gründung der »Allianz für Weltoffenheit« ausging, machte deutlich, dass eine Stärkung des sozialen Zusammenhalts »Voraussetzung für solidarische, weltoffene und demokratische Gesellschaften in Europa ist. Demokratie und soziale Gerechtigkeit müssen in Zeiten eines rasanten gesellschaftlichen Wandels immer wieder neu erarbeitet und erstritten werden«, sagte Hoffmann. Es gelte, Menschenfeindlichkeit in die Schranken zu weisen.

Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, sagte, Kultur sei ein wesentlicher Bestandteil gelebter Demokratie: »Der Umgang mit Kunst und Kultur und vor allem die Freiheit von Künstlerinnen und Künstlern, ihre Werke veröffentlichen und zeigen zu können, ist ein Gradmesser für Demokratie.« Kunst- und Meinungsfreiheit seien nicht bequem, die Kunst müsse die »Grenzen des Zulässigen in einer Gesellschaft immer wieder austesten«. Mit Blick auf die aktuelle Debatte zum Thema Leitkultur bemerkte er: »Niemand braucht eine Leitkulturdebatte.«

Ruhrgebiet

»Und weil er hofft und liebt«

Recklinghausen gedachte des Gemeindegründers Rolf Abrahamsohn an dessen 100. Geburtstag

von Stefan Laurin  16.03.2025

Ausstellung

Fragile Existenz

Das Jüdische Museum Berlin zeigt historische Fotos aus den Gemeinden der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit

von Eugen El  16.03.2025

Gedenken

Der vergessene Ingenieur

Die Stadt setzt Erinnerungszeichen für Arthur Schönberg, den Mitbegründer des Deutschen Museums, und drei Angehörige seiner Familie

von Luis Gruhler  16.03.2025

Frankfurt

Bildungsarbeit gegen Rassismus und Fake News

Antisemitismus im Keim ersticken - das versucht das Jüdische Museum mit einer Workshop-Reihe an Schulen

von Lukas Fortkord und Ina Welter  16.03.2025

Porträt der Woche

Die Zuhörerin

Mariya Dyskin ist Psychologin und möchte sich auf Kriegstraumata spezialisieren

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.03.2025

Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert

 16.03.2025

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025