Jedes Jahr im Februar wird die bayerische Landeshauptstadt für ein Wochenende zum Zentrum der weltweiten Sicherheits- und Verteidigungspolitik, wenn zur SIKO, der »Munich Security Conference«, Dutzende von Staats- und Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsministern sowie Vertretern von Sicherheitsbehörden anreisen, um gemeinsam die zahlreichen Herausforderungen der Weltpolitik zu besprechen.
Dabei stand in diesem Jahr die schwierige militärische Lage der Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland im Mittelpunkt. Aber auch Themen an der Schnittstelle von Gesellschafts- und Sicherheitspolitik kamen zur Sprache – darunter der Kampf gegen wachsenden Populismus und Extremismus in den westlichen Demokratien.
Eine besonders sichtbare Folge dieser beunruhigenden Entwicklung ist der Judenhass, der ebenfalls seit Jahren zugenommen hat und der infolge des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 und des israelischen Militäreinsatzes einen weiteren explosionsartigen Anstieg verzeichnete. Zahlreichen Teilnehmern der Konferenz war es vor diesem Hintergrund ein Anliegen, ihre Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinschaft auszudrücken.
Solidaritätsbesuch kurz vor Schabbatbeginn
Ein prominentes Beispiel war Bundesfinanzminister Christian Lindner, der am Freitagabend kurz vor Schabbatbeginn zu einem Solidaritätsbesuch ins Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern kam.
Sowohl der Besucher als auch die Organisatoren zogen anschließend eine positive Bilanz der Begegnung.
Auch das durch die Abfahrt von US-Vizepräsidentin Kamala Harris verursachte Verkehrschaos und die folgende Verspätung hielten Lindner nicht von seinem Kurzbesuch ab, den der Geschäftsführende Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Maram Stern, organisiert hatte. Trotz des engen Zeitrahmens ließ er sich nach der gemeinsamen Begrüßung durch Stern und IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch ein Relikt der alten Hauptsynagoge zeigen und warf einen Blick in den Innenraum von »Ohel Jakob« während des inzwischen begonnenen Gottesdienstes.
Sowohl der Besucher als auch die Organisatoren zogen anschließend eine positive Bilanz der Begegnung. Lindner erklärte, ihm sei es trotz des vollen Terminplans ein Anliegen gewesen, »ein Zeichen der Solidarität« zu setzen. WJC-Vizepräsident Stern und die Präsidentin der IKG äußerten sich dankbar für die wichtige Geste. »Nächstes Mal bleiben Sie aber länger bei uns«, gab Knobloch dem Gast zum Abschied mit auf den Weg.
Schabbat-Dinner im Restaurant »Einstein«
Der Finanzminister, der in Begleitung von Staatssekretär Heiko Thoms gekommen war, war nicht der einzige hochrangige Gast, der sich am ersten Konferenztag am Jakobsplatz die Ehre gab. Der World Jewish Congress hatte für den Abend zu einem Schabbat-Dinner ins Restaurant »Einstein« geladen, an dem neben zahlreichen Prominenten aus Politik und Gesellschaft auch Angehörige der in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln sowie freigelassene Geiseln teilnahmen. Die Familienmitglieder waren als Teil der Delegation des israelischen Präsidenten Isaac Herzog nach München gereist.
»Für uns gibt es kein wichtigeres Anliegen als die Befreiung der Geiseln.«
Charlotte Knobloch
Im festlich geschmückten »Einstein« trafen sie nun unter anderem auf die Präsidentin des Bayerischen Landtages, Ilse Aigner, den Botschafter Israels in Berlin, Ron Prosor, die Generalsekretärin der OSZE, Helga Schmidt, den stellvertretenden Vorsitzenden der MSC, Benedikt Franke, den CEO des American Jewish Committee, Ted Deutch, den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die österreichische Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, den für alle die Geiseln betreffenden Fragen zuständigen israelischen Brigadegeneral, Gal Hirsch, und die Ständige Vertreterin Frankreichs bei der NATO, Muriel Domenach.
Aus den USA waren neben mehreren Spitzenbeamten insbesondere die Antisemitismusbeauftragte des amerikanischen Außenministeriums, Deborah Lipstadt, und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, Senator Ben Cardin aus Maryland, gekommen. Auch sie hatten vor Beginn des Dinners noch eine spontane Führung durch die Hauptsynagoge erhalten. Senator Cardin war es dann, der im voll besetzten Restaurant den feierlichen Kiddusch sprach und damit Essen und Austausch eröffnete.
Charlotte Knobloch dankte im Nachgang dem World Jewish Congress für die Organisation des Treffens, das dazu beigetragen habe, die drängende Geiselfrage weit oben auf der politischen Agenda der Welt zu halten. »Für die jüdische Gemeinschaft nicht nur hier in München gibt es kein wichtigeres Anliegen als die Befreiung der Geiseln«, führte die IKG-Präsidentin aus. »Seit dem 7. Oktober spüren wir den Schmerz dieser Menschen und ihrer Familien jeden Tag.« Auch WJC-Vizepräsident Maram Stern unterstrich, der Jüdische Weltkongress bearbeite derzeit lediglich drei Themen: »Die Geiseln, die Geiseln und die Geiseln.«
Aus Menschlichkeit sei es ein Gebot der Politik, »für die Freiheit der Entführten zu sorgen – so schnell wie möglich«. Diese Botschaft war auf der diesjährigen Sicherheitskonferenz deutlich zu hören; sie wird den Entscheidungsträgern ohne Zweifel auch nach der Abreise aus München im Ohr bleiben.