Jubiläum

Zeichen der Integration

»Wir Juden rechnen anders«, erklärte Zentralratspräsident Dieter Graumann am Sonntag vor rund 150 Gästen in der Bochumer Synagoge. Fünf Jahre seien an einem Ort, wo es über 70 Jahre kein jüdisches Gotteshaus gab, fünf mehr, als man nach der Schoa zu hoffen gewagt habe. So veredelten den Geburtstag der neuen Synagoge in Bochum vor allem die prominenten Gäste und Redner wie Zentralratspräsident Dieter Graumann, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Landtagspräsidentin Carina Gödecke.

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland bestehe zu 90 Prozent aus Menschen, die in den vergangenen 20 Jahren zugewandert sind, berichtet der Zentralratspräsident. »Wir Juden leben Integration vor – und das im Verhältnis zehn zu 90«, sagte Graumann, »das gelingt, weil wir eine Willkommenskultur entwickelt haben.«

Pluralität Dass Pluralität der allgemeinen deutschen Realität entspricht, demonstriere das nordrhein-westfälische Landesparlament. »Im Raum der Stille« finde man die Religionen vereint, sagte NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke – die Menora als zentrales Symbol des Judentums, das Kreuz als Zeichen für die Christen und Gebetsteppiche als Sinnbild des Islam.

Die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen hat heute mehr als 1000 Mitglieder, viele kommen aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion. »Pluralität ist die neue jüdische Realität in Deutschland«, so Graumann, manchmal sei sie schwierig – mehr aber noch stärkend.

Die Politik verdiene Anerkennung, betonte der Zentralratspräsident. Auf die zuweilen »hässliche Beschneidungsdebatte« habe sie schnell und verantwortungsbewusst reagiert und signalisiert: »Jüdisches wie muslimisches Leben ist hier willkommen.« Das Ausmaß der Hetze im Internet und die Kampagnen vermeintlich seriöser Medien hätten ihn zwar erschreckt, die Konsequenz dürfe aber nicht Resignation sein. »Wir weichen nicht der Kälte und nicht dem Hass«, verkündete Graumann.

kämpferisch Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert, der schon die Eröffnung der Bochumer Synagoge begleitet hatte, redete Tacheles: »Wir akzeptieren keine Antisemiten, gleichgültig, ob es einheimische oder zugewanderte sind! Wir – Juden, Christen, Muslime und Atheisten – unterscheiden uns in unserem Glauben, aber uns eint, Teil dieser deutschen Gesellschaft zu sein.« Alle seien gefordert, auf der Basis des Grundgesetzes ein friedliches Zusammenleben zu schaffen.

»Die Synagoge in Bochum ist ein Zeichen der Integration der jüdischen Gemeinde in die Stadt«, sagte Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. Sie sei nicht nur ein Gebetshaus, sondern auch eine Begegnungsstätte – jüdisches Leben sei wieder im Ruhrgebiet zu Hause. Ja, sie seien angekommen, bestätigte der Gemeindevorsitzende Grigory Rabinovich, man sehe sich sicher noch oft – so wie sich auch die Kinder einmal begegnen werden.

»Wenn einmal der 50. Geburtstag in dieser wunderschönen Synagoge gefeiert wird«, prophezeite Dieter Graumann, »wird das schon ein ansehnlicheres Jubiläum sein.« Er wünschte sich, dass dann jemand sagte: »Spätestens mit dem fünften Geburtstag dieser Synagoge hat das Judentum wieder zu blühen begonnen in Deutschland. Diesmal soll es für immer sein.«

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024

ZWST-Tagung

Das Fremdsein überwinden

Experten tauschten sich über Strategien zur besseren Integration von Minderheiten aus

von Johanna Weiß  19.11.2024