Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert (71), hat den Vorwurf zurückgewiesen, er sei kein Jude. Er wolle sich zu der in einem Bericht des Hamburger Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« erhobenen Anschuldigung im Laufe der Woche öffentlich äußern, wenn er sich mit seinem Anwalt beraten habe, sagte Seibert am Wochenende dem Evangelischen Pressedienst. Auch die Behauptung, er werde sein Amt als Gemeindevorsitzender aufgeben, sei falsch. Für Nachfragen der »Jüdischen Allgemeinen« war Seibert bislang nicht zu erreichen.
Nach Recherchen des Magazins (Ausgabe vom 20. Oktober) ist Seibert weder gebürtiger noch konvertierter Jude. Demnach kam er am 16. August 1947 als Sohn evangelischer Eltern in Frankfurt am Main zur Welt und wurde drei Tage später getauft. Auch seine Großeltern seien evangelisch gewesen. Seiberts Behauptung, seine Großmutter Anna Katharina Schmidt (geborene Marx) sei Auschwitz-Überlebende, könne nicht stimmen, weil schon ihr Großvater evangelisch gewesen sei.
wehrmacht Jüdische Vorfahren seien auch insofern unwahrscheinlich, schreibt der »Spiegel«, weil Seiberts Großvater väterlicherseits im Zweiten Weltkrieg Unteroffizier und sein Vater Grenadier gewesen seien. Hätte man sie als Juden betrachtet, wären sie nicht zur Wehrmacht eingezogen worden. Darüber hinaus schreibt der »Spiegel«, Seibert sei mehrfach wegen Betrugs und Unterschlagung vorbestraft.
Seibert ist seit 2003 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg. Er ist Vertreter des liberalen Judentums und prominenter Förderer des interreligiösen Dialogs. Vor zwei Jahren schloss seine Gemeinde den bundesweit ersten christlich-jüdischen Partnerschaftsvertrag mit der evangelischen Jerusalem-Gemeinde in Hamburg-Eimsbüttel. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Seibert auch, als seine Gemeinde im Sommer 2014 einem muslimischen Flüchtling »Kirchenasyl« gewährte. epd/ja