Redezeit

»Wir werden oft bedroht und beschimpft«

Herr Offenberg, mit einem gemeinsamen Spiel hat der Berliner Fußball-Verein Türkiyemspor mit Ihrem Club TuS Makkabi vor Kurzem gegen Antisemitismus protestiert. Wie kam es zu dieser Aktion?
Die Verantwortlichen von Türkiyemspor wollten als muslimisch geprägter Verein ein bewusstes Zeichen gegen Antisemitismus setzen. Ihnen war es wichtig, zu zeigen, dass sie den Angriff auf Rabbiner Daniel Alter, das Anpöbeln jüdischer Schüler und nicht zuletzt die Attacken auf Makkabi-Spieler vonseiten einzelner Muslime zutiefst verachten. Türkiyemspors Eintreten für gegenseitigen religiösen Respekt ist vorbildlich – aber leider absolut die Ausnahme in diesem Umfeld.

Fühlen Sie sich allein gelassen im Kampf gegen Antisemitismus?
Im tagtäglichen Erleben teilweise schon. Vor wenigen Monaten wurden unsere Spieler bei einem Spiel gegen den deutsch-türkischen Verein Hürtürkel massiv verbal attackiert. Generell erleben wir oft Anfeindungen auf dem Platz, werden bedroht und beschimpft, und neuerdings gibt es häufig auch Einschüchterungsversuche über Facebook. Nach solchen Vorfällen würde man sich schon mehr und vor allem stärkere Solidarität von Vereinen und Verbänden wünschen.

Erleben Sie eine neue Qualität des Judenhasses auf Berliner Fußball-Plätzen?
Die Verbalübergriffe nehmen in der Tat zu. Früher waren es hauptsächlich Ewiggestrige und Rechtsradikale, die uns antisemitisch beleidigt haben. Das ist heute ganz anders. Nun kommen Verbalattacken mehr von einer muslimisch geprägten Minderheit, der man zu oft freien Lauf lässt. Das geht durchaus an die Nieren. Da kommt man als Jude in diesem Lande schon ins Grübeln.

Inwiefern?
Meine Eltern sind während der NS-Zeit aus Deutschland geflohen. Nach dem Krieg sind sie zusammen mit uns Kindern zurückgekehrt und wollten neu anfangen. Vor diesem Hintergrund ist es bedrückend, hier als Jude wieder bedroht zu werden. Damit muss man erst mal klarkommen. Und ich sage ganz offen: Wir würden viel besser damit klarkommen, wenn die Unterstützung aus unserem Umfeld größer wäre. Wir fühlen uns zu oft im Stich gelassen. Damit meine ich, wohlgemerkt, nicht nur die muslimisch geprägten Vereine.

Unternimmt der Berliner Fußball-Verband genug gegen Antisemitismus?
Nur teilweise. Es gibt beim BFV viele engagierte Mitarbeiter, die in dieser Frage guten Willens sind. Leider werden diese jedoch zu oft ausgebremst durch solche, die meinen, Ruhe und Zurückhaltung sei das Allerwichtigste, um antisemitische Konflikte zu lösen. Im Fall Hürtürkel mussten die Anstrengungen fast ausschließlich von uns ausgehen. Auch nach dem Urteil gegen Hürtürkel hat der BFV nicht öffentlich und eindeutig seine Solidarität mit den angegriffenen Spielern des TuS Makkabi bekundet. Nichts in dieser Art ist geschehen. Das war für uns schon sehr enttäuschend.

Mit dem Trainer von TuS Makkabi Berlin sprach Philipp Peyman Engel.

Universität

»Eine tolle Chance«

Philipp Lenhard über seine Tätigkeit am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU München, Forschungsschwerpunkte und die Zusammenarbeit mit der Gemeinde

von Luis Gruhler  22.01.2025

Schulen

Zwölf Punkte für die Bildung

In der Kölner Synagoge diskutierten Vertreter von Zentralrat und Kultusministerkonferenz über die Darstellung des Judentums in Schulbüchern. Entstanden ist eine Leitlinie für Pädagogen

von Stefan Laurin  22.01.2025

Lohheide

Vor 80 Jahren starb Anne Frank im KZ Bergen-Belsen

Blumen, Fähnchen, Stofftiere: Nirgendwo in der Gedenkstätte Bergen-Belsen werden so viele Gegenstände abgelegt wie am Gedenkstein für Anne Frank

von Michael Althaus  22.01.2025

Berlin

Sicher in der Kunst

Im Herbst 2024 wurde die Jüdische Kunstschule gegründet. Sie soll ein »Safe Space« für Kreative sein. Ein Besuch in zwei Workshops

von Katrin Richter  21.01.2025

München

Zeugnisse jüdischen Lebens

Das Landesamt für Denkmalpflege kartografiert die Friedhöfe in Thalkirchen und Freimann

von Ellen Presser  21.01.2025

Fundraising

In Rons Namen

Die Eltern eines ermordeten israelischen Soldaten widmen ihrem Sohn ein Tierheim und sammeln Spenden für das Projekt. In Berlin sind zwei Benefizkonzerte geplant

von Christine Schmitt  21.01.2025

Berlin

Margot Friedländer: »Die Demokratie schwankt«

Die 103-Jährige wurde von den Nazis ins KZ Theresienstadt verschleppt. Vor dem nationalen Holocaust-Gedenktag warnt sie: »Seid vorsichtig«

von Verena Schmitt-Roschmann  21.01.2025

Oldenburg

Anschlag auf Synagoge bei  »Aktenzeichen XY ... Ungelöst«

Ein Unbekannter hatte einen Brandsatz gegen die massive Tür des Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen

 20.01.2025

Jahrestag

Das Grauen seit 80 Jahren im Kopf

Albrecht Weinberg wird bald 100. Er gehört zu den wenigen Zeitzeugen, die noch von der Verfolgung und Ermordung der Juden berichten können. Gerda Dänekas hat ihn ermuntert, seine Geschichte zu erzählen - und damit beider Leben verändert

von Karen Miether  20.01.2025