Politik und Gesellschaft haben am 15. April der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen durch britische Truppen vor 76 Jahren gedacht. Elke Gryglewski, Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen, Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) und Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, legten vor der Inschriftenwand der Gedenkstätte Kränze nieder. Die Gedenkfeier fand ohne Publikum und Überlebende statt. Eine Videoaufzeichnung ist auf der Webseite befreiung1945.de zu sehen.
In ihrer Ansprache machte Elke Gryglewski auf die Nachwirkungen des im Lager Erlittenen aufmerksam. Die Überlebenden hätten viele Jahre zu den Erlebnissen geschwiegen. »Oft sprachen die Überlebenden lange nicht, weil die Worte fehlten, um das Unbeschreibliche zu beschreiben«, sagte Gryglewski.
»Querdenken«-Demonstrationen Grant Hendrik Tonne betonte den Stellenwert des gemeinsamen Gedenkens und Erinnerns an die Verbrechen und die Opfer des Nationalsozialismus. In Bezug auf »Querdenken«-Demonstrationen sagte er: »Dass sich dabei einige junge Menschen im Widerstand gegen den Staat wähnen, sich mit den Geschwistern Scholl vergleichen, andere sich gar mit Anne Frank identifizieren, weil sie sich als Opfer staatlicher Willkürmaßnahmen erachten, das ist einfach unerträglich.«
Von den Millionen Toten der KZs und den weniger werdenden Überlebenden gehe die Botschaft »Nie wieder!« aus, sagt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke.
Michael Fürst wies auf die pandemiebedingte Abwesenheit der wenigen noch lebenden Zeitzeugen bei der Gedenkfeier hin. Er erinnerte an die Furcht der Überlebenden, die Schoa könnte ohne sie in Vergessenheit geraten. Fürst betonte daher: »Wir stehen hier heute mit euch, den noch Lebenden in der ganzen Welt, und wir stehen hier für die, die den heutigen Tag nicht mehr erleben können. Wir stehen hier, um immer wieder deutlich zu machen, dass sich solche Verbrechen an der Menschlichkeit nicht wiederholen dürfen, weder in Deutschland noch sonst wo auf dieser Welt.«
Leugner Als er 1980 den Vorsitz des Landesverbandes übernahm, habe er sich »nicht einmal ansatzweise gedacht, dass wir 40 Jahre später mit all den Möglichkeiten, die Schule und Internet uns heute bieten, mit Menschen zu tun haben würden, die den Holocaust leugnen, die neben ihrer Corona-Verleugnung auch noch den Mord an sechs Millionen Juden leugnen«, sagte Fürst. »Weder heute, noch morgen, noch übermorgen. Aber der Staat sind wir«, merkte er zugleich an. »Also dürfen wir so etwas nicht zulassen!«
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Sonntag in den KZ-Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück, von den Millionen Toten der KZs und den weniger werdenden Überlebenden gehe die Botschaft »Nie wieder!« aus. Außenminister Heiko Maas (SPD) mahnte angesichts wiedererstarkendem Antisemitismus und Rassismus konkretes Handeln der Politik an. (mit epd)