Braunschweig

»Wir sollten die Lage betrachten, wie sie ist«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Philipp Ziebart/BestPixels.de

Die Jüdische Gemeinde in Braunschweig gehört mit ihren rund 300 Mitgliedern zu den kleineren im Lande. Doch sie kann auf eine ebenso lange wie stolze Geschichte zurückblicken. Nun konnte Gemeindechefin Renate Wagner-Redding Zentralratspräsident Josef Schuster zum Rosch-Haschana-Empfang in Braunschweig begrüßen.

Und Schuster rief zu Beginn seiner Rede ausführlich ebenjene lange jüdische Tradition der Stadt in Erinnerung. Als Beispiel nannte er das Wirken von Israel Jacobson. Der jüdische Aufklärer, Pädagoge, Rabbiner und Bankier, vor 250 Jahren in Halberstadt geboren, hatte viele Jahre in Braunschweig gelebt und ist einer der Gründer des Reformjudentums.

ns-zeit Schuster kommentierte aber auch die antisemitischen Ausschreitungen der vergangenen Wochen. »Wenn es zu Kundgebungen wie in Chemnitz kommt, werden schnell Vergleiche zu 1933 gezogen«, sagte Schuster. »Diese Vergleiche halte ich für übertrieben. Deutschland ist heute ein gefestigter demokratischer Staat, der keine staatliche Diskriminierung von Minderheiten betreibt.«

Aber gibt es nicht doch Anlass zu Besorgnis? Schuster: »Wir sollten die Lage betrachten, wie sie ist.« Seine Beispiele: Die AFD erhielt bei der Bundestagswahl 12,6 Prozent der Stimmen. Doch etwas mehr als 82 Prozent wählten die anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Die KZ-Gedenkstätten und jüdischen Museen vermelden seit Jahren steigende Besucherzahlen. Tausende nichtjüdische Bürger setzten sich im Frühjahr aus Solidarität eine Kippa auf. Nach dem Scheibeneinwurf in der Gelsenkirchener Synagoge erhielt die Gemeinde zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus der Bevölkerung. Zum Konzert gegen Rechts kamen in Chemnitz 65.000 Menschen.

Trotz des Anstiegs judenfeindlicher Übergriffe und anderer Probleme, die weiterhin gelöst werden müssten, unterstrich Schuster: »Das jüdische Leben entwickelt sich weiter, und die deutliche Mehrheit unserer Gesellschaft ist demokratisch und lebt die Werte des Grundgesetzes«, erklärte Schuster. »Es ist nur eine Minderheit, die an diesen Grundfesten rüttelt. Es liegt in unserer Hand, diesen Minderheiten den Boden zu entziehen.«

Lesen Sie einen ausführlichen Bericht über den Rosch-Haschana-Empfang in unserer nächsten Printausgabe am 11. Oktober.

Berlin

»Wir sind bitter enttäuscht«

Nach den höchst umstrittenen Wahlen in der Jüdischen Gemeinde zogen die Kritiker nun vor Gericht. Doch das fühlt sich nicht zuständig – und weist die Klage ab

von Mascha Malburg  15.01.2025

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025