Er stamme nicht aus Deutschland, sei zugezogen aus Israel, wie auch die anderen Absolventen des Rabbinerseminars aus der ehemaligen Sowjetunion und den USA, die vor mehreren Jahren in die Bundesrepublik gekommen seien. Man habe dies getan, um hier zu leben und Familien zu gründen, sagt Daniel Fabian in seinen einleitenden Worten zur Ordinationsfeier in der Kölner Synagoge Roonstraße. »Heute sind wir hier in Deutschland, um den Menschen von hier etwas zu geben, zu helfen und zu lehren. Wir sind von hier.«
Zu geben, zu helfen und zu lehren, das sind die zukünftigen Aufgaben von Daniel Fabian, Jonathan Konits, Reuven Konnik und Naftoly Surovtsev, die mit der Überreichung der Smicha durch Rabbiner Chanoch Ehrentreu und dem anschließenden Segen nun offiziell den Rabbinertitel tragen dürfen.
Fast 300 Gäste wohnen der Ordinationsfeier bei: Neben Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Kölns Bürgermeister Hans-Werner Bartsch kann Abraham Lehrer, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln, auch den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, und den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, begrüßen – beide sind Partner der Berliner Ausbildungsstätte.
feiertag Schon 2009 fand die Ordination von zwei Absolventen der Einrichtung – auch Hildesheimer’sches Rabbinerseminar genannt – in München statt, in Leipzig wurden dann im Jahr darauf zwei weitere Rabbiner ordiniert. Nun also die Ordinationsfeier für vier Absolventen. Für Graumann ein »richtiger Feiertag«, wie er sagt: »Denn heute wird unsere jüdische Gemeinschaft in Deutschland wieder ein Stück gestärkt, verbessert, gekräftigt.« Juden sehnen sich nach Wissen, Sinn und spiritueller Substanz, meint der Zentralratspräsident. »Gerade auch die neuen Rabbiner sollen das vermitteln.«
Alle leisteten, oft unter schwierigsten Bedingungen, eine wunderbare Arbeit, betont der Zentralratspräsident, der in seiner Rede zudem Bezug auf den brutalen Angriff auf Rabbiner Daniel Alter in Berlin nimmt und die Attacke scharf verurteilt. Auch die Beschneidungsdebatte mit den »hässlichen Misstönen und ausgesprochen bösartigen Nebengeräuschen« ist Thema. »Und dennoch, allen, die gerade jetzt jüdisches Leben in Deutschland generell in Zweifel ziehen, sage ich: Jüdisches Leben hier ist sicher – und muss gesichert werden. Das zu leisten, ist nicht zuletzt Aufgabe der Behörden und der ganzen Gesellschaft. Von Zweifeln, Verunsicherung und Angst werden wir uns bestimmt nicht beherrschen lassen.«
traditionen schützen Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle nimmt Bezug auf die aktuellen Vorgänge. Er versichert: »Der deutsche Rechtsstaat wird mit ganzer Härte gegen antisemitische, fremdenfeindliche und rechtsradikale Straftaten vorgehen.« Deutschland wolle ein blühendes jüdisches Leben, so Westerwelle weiter. »Dazu gehört, dass es hierzulande möglich sein muss, jüdische Traditionen ohne Rechtsunsicherheit zu leben.« Diese Traditionen seien zu schützen. »Wer in Deutschland Beschneidungen von Jungen untersagt, untersagt jüdisches Leben.«
Deutliche Worte findet auch Weltkongresspräsident Ronald S. Lauder: Dass Juden in diesem Land das Leben entsprechend ihrer Tradition untersagt werde, sei leider nicht neu: »Erst geschah es im Namen von Religion, dann im Namen der Rasse, jetzt im Namen des Rechts.« Und Lauder macht unmissverständlich klar: »Sagen Sie uns Juden nicht, was jüdisch ist!« Mit Blick auf die Ordination der vier Absolventen meint er: »Deutschland war einst ein Weltzentrum jüdischen Lernens. Das Rabbinerseminar zu Berlin hat diese alte Tradition wiederaufgenommen.«
vision Zentralratspräsident Graumann dankt Lauder für seine beispielhafte und einzigartige Vision, Fantasie, den Idealismus und die Großzügigkeit, »die das Judentum in Europa befördern und ihm neue Impulse und frische Inspirationen verschaffen«. An die vier Absolventen des Seminars gerichtet, betont Graumann: »Sie sollen zum Segen sein für die ganze jüdische Gemeinschaft. Sie sollen Erfüllung und Zufriedenheit und persönliches Glück finden in dem, was Sie von nun an tun.«
Die vier hören das gern, denn teils hat ihre Arbeit schon begonnen oder beginnt unmittelbar nach der Ordination. Der aus Israel stammende Daniel Fabian unterrichtet seit einem Jahr an der Lauder Midrascha in Berlin. Der in den USA geborene Jonathan Konits wird ab Herbst den jüdischen Bildungsverein »Jewish Experience« in Frankfurt/Main unterstützen. Reuven Konnik, in der Ukraine und in Lettland aufgewachsen, betreut bereits die Jüdische Gemeinde Potsdam. Und Naftoly Surovtsev, 1987 im weißrussischen Minsk geboren, beginnt seine Arbeit als Assistenz-Rabbiner in der Gemeinde, in der er heute ins Amt eingeführt wird: in der Synagogen-Gemeinde Köln.
An einen der vier jungen Rabbiner, Daniel Fabian, wendet sich Bundesaußenminister Westerwelle persönlich: »Für mich haben Sie den Satz des Tages gesagt: Wir sind von hier!«