Ein letzter schneller Blick auf die Notizen, noch einmal tief durchatmen – ein bisschen aufgeregt sind die meisten Vertreter der durch die Harold-Bob-Stiftung geförderten Projekte, die am vergangenen Donnerstag im großen Saal des Centrum Judaicum geehrt worden sind, schon.
Nach ein paar Worten ist die Nervosität dann aber schnell verflogen, denn schließlich möchte man die eigene Begeisterung über das Erlebte gern mit den Anwesenden teilen. Schüler berichten von Freundschaften, die durch Klassenreisen entstanden sind, Lehrer von den gewonnenen Erfahrungen, die ohne die Harold-Bob-Stiftung nicht möglich gewesen wären.
Harold Bob, 1911 in Lodz geboren, war 1945, nach seiner Befreiung aus dem KZ Buchenwald, zunächst nach Polen zurückgekehrt, dann aber vor den dortigen judenfeindlichen Pogromen nach Berlin geflüchtet. 1986, an seinem 75. Geburtstag, gründete der Textilkaufmann die nach ihm benannte Stiftung, die den Jugendaustausch zwischen jungen Deutschen und Israelis sowie Initiativen zur Verständigung fördert.
»Ohne Geld könnte unser Projekt nicht stattfinden«, konstatiert etwa Johannes Jäger, Zimmermeister und Lehrer der Spandauer Knobelsdorff-Schule, und berichtet von der Israelreise der Berufsschule für Bautechnik im letzten Jahr.
Impressionen 21 Tage war man im Land, zwölf davon verbrachten die jungen Handwerker damit, eine Freitreppe zu bauen, die den Wohnbereich und die Trainingsanlage eines Internats für sozial benachteiligte Jugendliche verbindet.
Die Eindrücke und Erfahrungen, die die Jugendlichen dabei gesammelt haben, seien wie der Austausch mit den Israelis immens wertvoll, sagt der Pädagoge. Nun plane man die nächste (Arbeits-)Reise nach Israel und dazu für Oktober ein Treffen mit israelischen Jugendlichen in Berlin.
Aber nicht nur Reisen und Austauschprogramme werden an diesem Tag von der Harold-Bob-Stiftung geehrt. In der Schöneberger Löcknitz-Grundschule entstand in einer Klasse beispielsweise vor 18 Jahren die Idee, für die 16.000 ermordeten Juden, die einst im Bezirk zu Hause waren, eine Gedenkmauer mit den Namen der Naziopfer beschrifteten Steinen zu errichten.
Die kleine Lilly wird am 14. Juni zusammen mit ihren Klassenkameraden weitere Steine zur Gedenkmauer hinzufügen – die Fünftklässlerin ist überzeugt: »Ich werde mich sicher mein ganzes Leben lang an diese Person erinnern.«
Genau so habe er sich das gewünscht, wird Michael Bob, der Sohn des Stifters, später sagen: »Wir machen Basisarbeit, und da ist es doch genau das Richtige, wenn auf die üblichen Politikerreden verzichtet wird und stattdessen die Lehrer und natürlich auch die Schüler zu Wort kommen.«
Denkweise Sein Vater habe die Stiftung als Beitrag zur Verständigung gedacht, »sie entspricht genau seiner Denkweise. Bei den älteren Menschen, das wusste er, ist meist nichts mehr zu machen, aber die jungen Leute können aus der Geschichte lernen«.
Gleichaltrige Israelis zu treffen, zu diskutieren, sich zu erinnern, sei für die Jugendlichen eine wichtige Erfahrung. Er sei kein religiöser Mensch, erklärt Bob weiter, »für mich ist die Arbeit in der Stiftung eben mein Beitrag zum Judentum«.
Und erzählt, dass er bei seinen zahlreichen Auslandsreisen auch immer darauf achtet, jüdische oder israelische Einrichtungen zu besuchen, »das ist schon eine Art Hobby von mir«.
Das Raoul-Wallenberg-Denkmal in Argentinien, die alte aschkenasische Synagoge mit dem Sandboden in Curaçao, das historische jüdische Viertel von Shanghai gehören zu den Orten, die ihn besonders beeindruckten und wo er neue Ideen entwickelte. »Frischer Input ist wichtig, und ja, Reisen bildet«, sagt der 58-Jährige.
Und was erhofft sich Michael Bob in Zukunft für die Stiftung? »Dass sie sich einfach immer weiter etabliert«, antwortet er, »am allerschönsten wäre es jedoch, wenn sie eines Tages nicht mehr benötigt werden würde. Aber solange noch 20 Prozent der Deutschen, wie Untersuchungen jüngst ergaben, Antisemiten sind, bleibt sie wohl bitter nötig.«
www.harold-bob-stiftung.eu