Das Engagement gegen Diskriminierung, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit eint sie. Am Dienstag trafen sich Karolina Becker, Jonathan Kalmanovich, Burak Yilmaz und Tugay Sarac zu einem Gespräch über ihre Bildungsarbeit. Saba-Nur Cheema von der Bildungsstätte Anne Frank moderierte den Abend.
Er stand unter dem Motto »Durch unsere Augen. Junge Juden und Muslime im Dialog« und war der zweite Teil der Jahresveranstaltung des Dialogprojekts »Schalom Aleikum« des Zentralrats der Juden. Ein Anlass für das Gespräch war das am Montag präsentierte Buch Gehört werden, der dritte Band der Buchreihe zu »Schalom Aleikum«.
FREUNDSCHAFT Die 18-jährige Osnabrücker Schülerin Karolina Becker engagiert sich bei diversen interreligiösen Begegnungsprojekten. »Das Wichtigste für mich bei dieser Dialogarbeit ist, dass ich neue Menschen kennenlerne«, sagte sie.
Becker berichtete über ihre Freundschaft mit der jungen Osnabrücker Muslima Jasmin Zeitun, die infolge des Treffens in einem Begegnungsprojekt entstand. Zeitun konnte wegen eines familiären Trauerfalls nicht am »Schalom Aleikum«-Gespräch teilnehmen.
Der 23-jährige Berliner Tugay Sarac sprang für sie ein. Sein Engagement gegen Antisemitismus begründete er unter anderem mit seiner biografischen Erfahrung der Radikalisierung als Schüler.
VORSTELLUNGEN Damals habe er keine Juden gekannt. »Ich wusste, dass ich an Schulen gehen muss und mit den Menschen darüber reden muss«, sagte Sarac, der sich in der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee engagiert. »Wir müssen generell mehr miteinander reden.«
»Wir können die neuen Generationen, die nachwachsen, noch abholen, wenn die Arbeit noch richtig professionalisiert und richtig unterstützt wird.«
Jonathan Kalmanovich
»Mir ist aufgefallen, dass einige Schüler teilweise gar nicht verstehen, dass das, was sie sagen, total antisemitisch ist«, sagte er. Sarac erklärte dies mit tradierten Vorstellungen und fehlendem Wissen. Er hob zudem den Wert von Begegnungsprojekten wie »Meet a Jew« hervor.
Jonathan Kalmanovich, der unter dem Künstlernamen Ben Salomo bekannt ist, berichtete über seine Erfahrungen in der Rap-Szene. Er habe mit der Zeit festgestellt, dass in Songs und hinter den Kulissen antisemitische Stereotypen reproduziert würden.
Kalmanovich beklagte außerdem fehlende Solidarität innerhalb der Rap-Szene ihm gegenüber. 2016 sei er wegen eines Songs antisemitisch angefeindet worden. Vor zwei Jahren habe er der Szene den Rücken gekehrt.
CHANCE Seitdem engagiert sich Kalmanovich in der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus an Schulen. Er sieht seine Arbeit als Chance. »Wir können die neuen Generationen, die nachwachsen, noch abholen, wenn die Arbeit noch richtig professionalisiert und richtig unterstützt wird«, mahnte er.
Zugleich verwies Kalmanovich darauf, dass der Antisemitismus an Schulen ist auch ein Problem unter Lehrern sei. »Da müsste noch sehr viel Präventionsarbeit gemacht werden«, sagte er.
»Mir ist es wichtig, an einer Generation zu arbeiten, die aufeinander zugeht.«
Burak Yilmaz
Der Duisburger Burak Yilmaz berichtete über seine Erfahrungen in der Arbeit mit muslimischen Jugendlichen. Er hat anderem Fahrten zu Gedenkstätten organisiert und leitet ein Theaterprojekt. »Mir ist es wichtig, an einer Generation zu arbeiten, die aufeinander zugeht«, sagte Yilmaz.
WIDERSPRUCH In der anschließenden Diskussion betonte Jonathan Kalmanovich, dass auch die Mehrheitsgesellschaft sich am Engagement gegen Diskriminierung beteiligen müsse. Er forderte zudem, die Informationsquellen, die Antisemitismus vermitteln, beim Namen zu nennen und ihnen zu widersprechen.
»Meine Hauptaufgabe ist, mit Muslimen zu reden und ihnen beizubringen, dass Antisemitismus scheiße ist«, sagte Tugay Sarac. In Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit sieht er zwei unterschiedliche Aspekte. »Eine Gefahr ist, dass beide Phänomene häufig gleichgesetzt werden«, stimmte Burak Yilmaz zu.
Es gehe darum, Ähnlichkeiten, Unterschiede und Wechselwirkungen zwischen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit herauszuarbeiten. Yilmaz wies auf die Nähe zwischen den Ideologien der Täter in Halle und Hanau hin.
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