Zedaka

»Wir haben treue Spender«

Die KKL-Spendenbüchse wird weiterhin gefüllt. Foto: Marco Limberg

Ein Rabbiner wird tätlich angegriffen, Demonstranten stören die Veranstaltung einer jüdischen Hilfsorganisation, und seit Monaten tragen die Debattenbeiträge zur Brit Mila teils deutliche antisemitische Züge. Die Stimmung ist gereizt, doch wirkt sie sich auch auf die Spendenfreudigkeit für jüdische und israelische Hilfsorganisationen aus? Die Jüdische Allgemeine hat nachgefragt.

»Wir haben zu großen Teilen langjährige, sehr treue Spender, deren Bereitschaft, uns zu unterstützen, durch negative Medienberichte nicht beeinträchtigt wird«, sagt Paul Jurecky vom Jüdischen Nationalfonds KKL. Auf die Beschneidungsdebatte hin habe es »gar keine Reaktion gegeben«. Auch der Judenhass, der sich in der Tätlichkeit auf den Rabbiner in Berlin zeigte, wirke sich nicht auf die Spendenbereitschaft aus. Mit Sicherheit könne er das jedoch nicht sagen. »Wir führen nicht jeden Tag Buch.«

Wenn sich Spender zurückzögen, was vereinzelt vorkomme, sei es häufig in der Wirtschaftskrise begründet. »Die wirkt sich durchaus auf die Großzügigkeit aus«, erklärt Jurecky, aber generell könne er nach mehr als 30 Jahren sagen: »Sobald es Israel schlecht geht, sowie es angegriffen wird oder Katastrophen geschehen, nehmen die Spenden zu – unsere Spender stehen zu Israel.« Und diese Spender seien mittlerweile mehrheitlich wohl Nichtjuden, stellt Jurecky fest.

globalisierung Ob sich beispielsweise die Beschneidungsdebatte auf die Spendenbereitschaft ausgewirkt habe, könne sie nicht beurteilen, sagt Diana Schnabel, Vorsitzende der Deutschen Sektion der internationalen zionistischen Frauenorganisation WIZO. »Niemand hat uns deswegen abgesagt.« Sie habe jedoch bemerkt, dass es generell nach negativen Medienberichten über Israel schwieriger sei, Spenden zu akquirieren.

Vor allem sei es aber die Globalisierung, die sich negativ auswirke, stellt Schnabel fest und nennt den traditionellen WIZO-Basar als Beispiel: »Viele Einzelhandelsgeschäfte mussten schließen. Früher ging man einfach in einen Laden und fragte, ob der Inhaber etwas spenden könne. Nun haben wir es oft mit Firmenketten zu tun, bei denen Entscheidungen über Spenden nicht vor Ort, sondern in der jeweiligen Zentrale getroffen werden – und die reagieren oft gar nicht.«

Partner »Keine Beleidigungen, keine Anfeindungen, keine negativen Vorkommnisse, keine Reaktionen, nix«, beschreibt Christian Krause, seit zweieinhalb Jahren Leiter des Büros von Amcha Deutschland, die Reaktionen auf die Beschneidungsdebatte. Die 1985 in Israel gegründete Hilfsorganisation betreut Holocaust-Überlebende und veranstaltet Zeitzeugengespräche mit Schülern. Dafür ist man aus logistischen Gründen auf Kooperationspartner angewiesen, sagt Krause.

Ansonsten sei es »das A und O für Non-profit-Organisationen, Kontakt zu den Spendern zu halten, wobei manche nicht persönlich in Erscheinung treten wollen. Den Wunsch nach Anonymität muss man respektieren.« Die Motive der Spender seien dabei »sehr unterschiedlich, manche wollen natürlich nicht darüber reden, aber es sind Menschen dabei, deren Familie vom Holocaust persönlich betroffen gewesen ist, sowohl auf der Opfer- wie auch auf der Täterseite«.

Antijüdisch Die Hilfsorganisation Meir Panim kümmert sich um bedürftige Menschen in Israel und bietet – unabhängig von Religion und Alter – kostenlose Schulspeisungen und Suppenküchen an, erklärt ihr Geschäftsführer Johannes Beyer. Die Beschneidungsdebatte an sich habe er als »sehr antijüdisch empfunden«, sagt Beyer. »Die Diskussion hatte jedenfalls einen sehr deutlichen Beigeschmack.«

Die ehemalige Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch habe es deutlich gemacht, »dass man sich als Jude schon fragen muss, ob man überhaupt in Deutschland noch erwünscht« sei. Andererseits sei die Beschneidung für Freunde und Bekannte, »egal ob Juden oder Nichtjuden«, kein Thema.

Hassbotschaften oder Drohungen habe man glücklicherweise bislang nicht erhalten. »Vielleicht sind wir ja nur nicht bekannt genug und als Organisation zu klein, sodass wir unter dem Radar von Antisemiten segeln«, sagt Beyer. Veranstaltungen mache man im Übrigen »nur in geschützten jüdischen Räumen, in denen wir sicher sind«, betont Beyer, der selbst vor einigen Jahren in Hamburg zusammengeschlagen worden war, weil er eine Kippa trug. Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft habe er nicht festgestellt: »Für uns hat sich nichts verändert.«

Völkerverständigung »Ich habe den Luxus, sagen zu können, dass ich es meistens mit sehr angenehmen Menschen zu tun habe«, erklärt Gady Gronich, Geschäftsführer der »Deutschen Freunde der Hadassah Medical Relief Association« und für die europäischen Belange von Hadassah zuständig. Die 1912 gegründete Hilfsorganisation betreibt zwei Universitätskliniken, in denen wissenschaftlich geforscht wird und Menschen unabhängig von Religion und Herkunft behandelt werden.

»Der Völkerverständigungsaspekt unserer Arbeit ist eine Botschaft, die die Deutschen sehr gerne unterstützen«, sagt Gronich und erzählt, dass jüdische und arabische Kinder beispielsweise »Bett an Bett« liegen und die Eltern über Alltagsprobleme miteinander ins Gespräch kommen.

Wichtig bei der Spendenakquise sei der persönliche Kontakt, »man entwickelt eine Beziehung und lernt sich kennen, was natürlich dauert, aber für beide Seiten ein sehr interessanter Prozess ist«. Die Beschneidungsdebatte sei kaum ein Thema gewesen. »Es gab eher kleine Gespräche zwischendurch.«

Für Israelhasser war sie hingegen ein gefundenes Fressen. »Diese Leute suchen immer etwas Neues, um uns anzugreifen.« Ob jemand ein Judenfeind sei, kristallisiere sich im Gespräch dann aber meist sehr schnell heraus. »An einem echten Austausch ist ihnen nicht gelegen, sie wollen nur ihre Vorurteile loswerden.«

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