Mischa Stahl, Oldenburg
Ich liebe unsere voll erleuchtete Chanukkia. Darüber hinaus freue ich mich auf Latkes in allen Varianten, vor allem die mit Smetana und selbst gebeiztem Lachs als Topping – sie sind meine Favoriten. Besonders schätze ich es, wenn sie von meinen beiden Töchtern zubereitet werden. Meine Frau, meine Töchter und ich stehen gerne und oft in der Küche, um zusammen zu kochen. Gemeinsam zünden wir jeden Abend die Kerzen an. Dabei haben wir keinen festen Plan, sondern treffen uns, sobald es dunkel wird. Das gemeinsame Essen und Beisammensein ist mir wichtig.
Natürlich werden wir auch in der Synagoge feiern, meistens jedoch zu Hause. Früher haben wir auch mit einem Dreidel gespielt. Unsere beiden Töchter werden wie jedes Chanukka einen ordentlichen Stapel an Büchern erhalten – ebenso werde ich mir einen Stapel Bücher zurechtlegen. Die beiden lesen am liebsten Fantasy-Romane, ich hingegen möchte mich in das neue Buch der französischen Rabbinerin Delphine Horvilleur vertiefen. Es heißt Wie gehtʼs? Miteinander sprechen nach dem 7. Oktober – ein Thema, das uns alle sehr beschäftigt.
Viktoria Dohme, Emmendingen
Mein Lieblingssymbol zu Chanukka ist der Sevivon, also der Dreidel. Wie jedes Jahr werden mein Mann, meine Tochter und ich das Fest in der Gemeinde feiern und beim Ball tanzen. Das Kerzenzünden übernimmt unser Rabbiner zusammen mit den Kindern. Da dieses Jahr Weihnachten und Chanukka zusammenfallen, werden wir auch meine nichtjüdischen Schwiegereltern, die in unserer Nähe wohnen, zum Essen besuchen.
Für meine siebenjährige Tochter ist der Auftritt ihres Jugendzentrums am allerwichtigsten. Noch ist sie mit den Vorbereitungen beschäftigt. Was Ida Sarah auch mag, ist das Einsammeln von Geld. In dieser Zeit erhält sie immer Geschenke: Im November fing die Geschenksaison an, denn da hatte sie Geburtstag, nun folgt Chanukka – oder auch Weihnukka. Zum russischen Silvester bekommt sie noch einmal welche. Zu Hause zünden wir jeden Tag eine Kerze an – aber nur kurz, damit nichts passiert.
Marian Wajselfisz, Berlin
Aus meiner Kindheit habe ich keine Erinnerung an Chanukka, denn ich bin in Polen groß geworden, und die Nazis waren auf dem Vormarsch. Damals konnten wir keine jüdischen Feiertage begehen. Während der Schoa saßen wir 23 Monate lang versteckt im Keller – und ich wusste noch nicht einmal, dass Chanukka sein könnte. 1949 sind wir nach Deutschland gekommen. Ab dann besuchten wir an allen Feiertagen die Synagoge Joachimsthaler Straße. Heute freue ich mich am meisten über einen schön gedeckten Tisch, an dem viele Gäste sitzen. Und natürlich mag ich das Kerzenzünden. Drei Chanukkias besitze ich. Als ich jünger war und mein Vater noch lebte, saßen wir mit vielen Angehörigen am Tisch. Heute freue ich mich besonders auf den Besuch meiner Enkelkinder. Meine Lebensgefährtin ist nichtjüdisch, sie würde sich als Atheistin beschreiben und hat mit Weihnachten nichts am Hut. Derzeit traue ich mich nicht so richtig, die Synagoge oder Veranstaltungen zu besuchen, denn ich befürchte, dass ich einen Infekt mit nach Hause bringe. Das möchte ich unbedingt vermeiden. Aber bei der Weihnukka-Party von Makkabi musste ich kurz vorbeischauen, das war mir wichtig.
Delia Bondarenko, Berlin
Ich freue mich darauf, mit meinen Eltern und Geschwistern gemeinsam Zeit zu verbringen und Dreidel zu spielen. Wir sitzen dann alle gemütlich an unserem Tisch und haben Spaß. Aber noch vieles mehr gefällt mir am Lichterfest: Das Kerzenanzünden finde ich besonders schön, und die Chanukka-Lieder singe ich richtig gerne. Auch Geschenke zu bekommen macht mir immer Freude.
Im vergangenen Jahr haben mich meine Eltern mit schönen Socken und Magnetkugeln überrascht. Natürlich gibt es bei uns auch Chanukkagelt und Schokoladengeld. An den ersten Chanukka-Tagen werde ich auf Wintermachane sein, und die letzten Tage vom Fest verbringen wir zusammen mit Oma und Verwandten in Center Parks.
Landesrabbiner Moshe Flomenmann, Baden
Als Kind waren die Geschenke sowie das Anzünden der Kerzen das Highlight. Ebenso das Zusammensitzen mit der Familie und die Gespräche über die damaligen Ereignisse. Ich habe das Fest bereits in der Ukraine mit meiner Familie gefeiert, später ab meinem 13. Lebensjahr während meiner Schulzeit in einer Jeschiwa in Dänemark und England. Heute empfinde ich es als besonders schön, mit meiner Familie und der Gemeinde die Kerzen anzuzünden. Chanukka ist heute ein fröhliches Fest, aber damals herrschte ein Krieg, der drei Jahre andauerte. Die Lage war katastrophal, doch am Ende geschah ein Wunder – und so entstand Chanukka. Heute feiern wir sowohl den Sieg des Guten über das Böse als auch das Licht, das die Dunkelheit überwindet. Und wir hoffen, dass auch in unserem Alltag das Gute über das Böse triumphiert!
Juri Rosov, Rostock
Die Chanukkia liegt mir sehr am Herzen. Licht ist immer ein Zeichen der Hoffnung, und in unserer Zeit brauchen wir es dringender denn je. Es ist so wichtig, dass wir diesen kleinen Lichtblick nicht verlieren. Ich freue mich, jeden Tag eine weitere Kerze anzuzünden. Besonders freut es mich in diesem Jahr, dass unser Chanukkaball, den die Gemeinde veranstaltet, bereits ausverkauft ist. Unsere Synagoge musste umgebaut werden, und infolgedessen konnten keine Veranstaltungen stattfinden. Nun sind die Baumaßnahmen abgeschlossen. Man spürt deutlich, dass unsere Community eine Sehnsucht nach Geselligkeit hat. Zum ersten Mal wird die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kristina Kühnbaum-Schmidt, beim Ball dabei sein, ebenso der neue Präsident der Bürgerschaft, Heinrich Prophet. Es ist für uns wichtig, dass auch die Stadtgesellschaft zu uns kommt.
Eva Khaikina, Essen
Echte Erinnerungen an das Lichterfest aus meiner Kindheit habe ich nicht, aber ich weiß noch, dass es früher bei uns in Moskau Latkes gab. Sie hießen Kartoffelpuffer, und es gab sie auch an anderen Tagen im Jahr, vor allem zum Brunch. Ich erinnere mich eher an Pessach und Purim. Zu Purim gab es Hamantaschen, die jedoch einen anderen Namen hatten.
Mein schönstes Chanukka erlebte ich 2009, als ich bereits über 60 Jahre alt war. Damals lebte ich noch hauptsächlich in Moskau und besuchte die öffentliche Feier am Roten Platz. Es wurden Kerzen entzündet und das Musical Anatevka aufgeführt. Ich habe das alles sehr genossen. Da ich schon lange nichts mehr sehe, bedeutet mir das Kerzenlicht nicht so viel. Aber ich mag es, mir vorzustellen, wie jeden Tag eine weitere Kerze angezündet wird. Früher war es mir nicht so wichtig, wie ich die acht Tage verbringe, aber im Alter gewinnen die vermeintlich unwichtigeren Sachen immer mehr an Bedeutung. Heute ist es mir wichtig, dass ich gemeinsam mit meinen Kindern, Enkeln und Urenkeln Chanukka feiere.
Igal Shamailov, Stuttgart
Das wichtigste Symbol ist für mich ganz klar die Chanukkia. Diesen Leuchter finde ich sogar noch schöner als die Menora. Natürlich auch wegen der Geschichte, die dahintersteht und der Gestaltung mit dem Olivenzweig. Ich lebe traditionell jüdisch und bin nicht so religiös. Aber die Minuten, an denen ich jeden Tag von Chanukka die Kerzen anzünde, sind wichtig. Es ist eine Zäsur im Alltag, ein Moment der Ruhe. Es ist auch ein Moment, an dem ich leicht sentimental werden kann. Im vergangenen Jahr – nach dem fürchterlichen 7. Oktober – habe ich zu meiner Mutter gesagt, es tut mir weh, wir können die Kerzen anzünden, und in Israel gibt es so viele Menschen, die einfach nur überleben wollen.
Auch wenn wir jetzt in Deutschland leben: Weihnukka feiern wir nicht. Der 24. Dezember hatte in unserer Familie nie eine Bedeutung. Wir sind Bergjuden. Wir stammen aus Aserbaidschan. Zum russischen Neujahrsfest gab es bei uns damals einen Weihnachtsbaum. Das war alles. So haben wir es in Deutschland noch ein, zwei Jahre gehalten. Dieses Jahr freue ich mich besonders auf Chanukka. Ich habe eine kleine Nichte und einen kleinen Neffen, beide sind gerade zwei Jahre alt geworden. Wir haben also das Glück, mit neuem Leben hoffnungsvoll in die Zukunft zu gehen
Gesammelt und aufgezeichnet von Brigitte Jähnigen und Christine Schmitt