Denkwürdige Jahrestage gingen dem jüdischen Neujahrsfest 5774 voraus: So jährte sich am 14. Mai zum 65. Mal die Staatsgründung Israels, die ja untrennbar mit der Geschichte Münchens als ehemaliger »Hauptstadt der Bewegung«, als Ausgangspunkt des NS-Terrors, der Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung bis hin zur planmäßigen Ermordung der deutschen und europäischen Juden verknüpft ist.
Und zum 75. Mal jährte sich da fast zeitgleich ein Ereignis, das zum Fanal für den nationalsozialistischen Zerstörungs- und Vernichtungswahn wurde – nämlich der Abbruch der früheren Münchner Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße, der am 9. Juni 1938, noch fünf Monate vor der Reichspogromnacht, begann und keinen Stein des einstigen Prachtbaus zwischen Künstlerhaus, Frauenkirche und Maxburg auf dem anderen ließ.
Verpflichtung Schon vor diesem historischen Hintergrund weiß die Stadt nur zu gut um ihre besondere Verpflichtung sowohl gegenüber den hier lebenden jüdischen Bürgerinnen und Bürgern als auch gegenüber Israel. München bekennt sich mit Nachdruck zur Solidarität mit Israel, deshalb habe ich auch für den Israel-Tag auf dem Münchner Odeonsplatz zur Feier der Staatsgründung vor 65 Jahren zusammen mit der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde und Münchner Ehrenbürgerin Charlotte Knobloch sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen.
Und deshalb ist es auch ein gar nicht hoch genug zu schätzender Glücksfall, dass das Judentum in München heute geradezu aufblüht. Die Errichtung der neuen Hauptsynagoge »Ohel Jakob« und des Jüdischen Gemeindezentrums am St.-Jakobs-Platz und zumal auch das Leben, das sich dort entfaltet, hat dafür ein sichtbares Zeichen gesetzt.
Bekräftigt wird dies auch durch Persönlichkeiten wie Rachel Salamander zum Beispiel, die seit über 30 Jahren bereits mit ihrer Literaturhandlung das jüdische Geistesleben rekonstruiert und neu prägt, die sich energisch auch für den Erhalt und die Wiederbelebung der alten Synagoge in der Reichenbachstraße einsetzt, und die vor Kurzem erst für ihr verdienstvolles Wirken zur Förderung des interkulturellen Dialogs und eines vorurteilsfreien Miteinanders mit dem von Münchens Ehrenbürgerin Dr. Hildegard Hamm-Brücher gestifteten »Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen« ausgezeichnet wurde.
Widerstand München ist und bleibt jedenfalls eine Stadt der Toleranz und Weltoffenheit, die rechtsextremistischen Gewalttätern und rechtspopulistischen Hasspredigern entschlossenen Widerstand entgegensetzt. Dafür bürgt auch und besonders das Münchner Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat, und hier mit an vorderster Stelle die unermüdliche Streiterin Charlotte Knobloch.
Allen Leserinnen und Lesern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jüdischen Allgemeinen, der jüdischen Gemeinde Münchens ebenso wie den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in Israel wünsche ich zum Neujahrsfest Rosch Haschana ein gutes, glückliches und vor allem friedliches Jahr 5774!