Wie der Himmel, wie das Meer – das Blau des neuen »Pears Jüdischer Campus« in Wilmersdorf leuchtet am Sonntag besonders intensiv. Die hellen und dunkleren Steine sind warm von der Berliner Mittagssonne. Ihre glatte Oberfläche erinnert an ruhiges Wasser. Und inmitten von Streetfood-Festival, Dreidel-3D-Drucker und vielen Hundert Besucherinnen und Besuchern wirkt das geschwungene, vom Architekten Sergei Tchoban entworfene Gebäude bei seiner Eröffnung wirklich wie ein Ruhepol.
Selbstbewusst steht es an der Westfälischen Straße und wird von staunenden Augen angesehen. Von der grünen Sitzecke im Deli über den großen Holzbaum in der Kinderkrippe, die Klassenzimmer der Grund- und Oberschule bis zur Sporthalle: Allein diese Räume klingen nach Leben, nach jüdischem Leben, das es nun an einem Ort im Berliner Westen geben wird. Wahr geworden ist dieser Traum mit vierjähriger Bauzeit am Sonntag bei der offiziellen Eröffnung.
KONFETTI Die Moderatorin und Schauspielerin Susan Sideropoulos zählt von drei an herunter, und pünktlich um 13.27 Uhr wird das rote Band durchschnitten. Nur einen Wimpernschlag später wirbelt blau-gelbes Konfetti in den Himmel, verteilt sich über die gesamte Straße. Der chassidische Sängerstar Avraham Fried singt dazu »Siman tov, Mazal tov« und unterhält die Gäste später mit einem Medley seiner bekanntesten Melodien.
Es sei ein historischer Moment, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal, Vorsitzender des Campus und der Gemeinde Chabad Berlin; er spricht von einer positiven Zeitenwende, an der eine »neue Ära jüdischen Lebens in Berlin« beginne. Mit Freude und Dankbarkeit könne er sagen, dass das siebenstöckige Haus ein »Leuchtturm von Licht und Toleranz« sei, mit »8000 Quadratmeter von Licht und Liebe, von Verbindung und Dialog«.
Neben den vielen Besucherinnen und Besuchern, die das Eröffnungsfest so lebendig machen, sind auch offizielle Gäste gekommen. Beispielsweise die Staatssekretärin des Bundesinnenministeriums, Juliane Seifert, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, Israels Botschafter Ron Prosor, der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und der Vizepräsident Abraham Lehrer.
»zentrum der Tora« Auch der sefardische Oberrabbiner Israels, Rabbiner Yitzhak Yosef, ist eigens zu diesem Anlass nach Berlin gereist. Er betont, dass das jüdische Volk schon Tausende Jahre an der Tora festhalte und diese jetzt auch in diesem neuen »Zentrum der Tora« gelernt werde. Yosef spricht von einem Ort des »Friedens und des Segens«.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, hebt hervor, dass fast der gesamte Berliner Senat an der Eröffnungsfeier teilnehme und somit die Unterstützung der Landesregierung zum Ausdruck bringe. Wegner sagt, dass die Eröffnung dieser Begegnungs- und Bildungsstätte in Wilmersdorf ein »großer Vertrauensbeweis in die Toleranz und Offenheit« der Stadt sei. Jüdisches Leben in Berlin sei ein großes Glück und ein Geschenk: »Wir werden niemals zulassen, dass Antisemitismus auf den Straßen wieder Oberhand gewinnt.«
»Der imposante Campus ist eine Bereicherung für das jüdische Leben.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
Zentralratspräsident Josef Schuster spricht von einem guten Tag für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland: »Dieser imposante Campus ist nicht nur eine Bereicherung für das jüdische Leben, sondern auch für die gesamte Stadtgesellschaft.«
begegnung Dies sei ein Ort der Begegnung, der jüdischen Lehre, aber gleichzeitig auch des Austauschs zwischen Juden und Nichtjuden. Schuster sagt: »Wir können daraus auch Motivation und Inspiration für den Zusammenhalt und die Zukunft der jüdischen Gemeinschaft und unseres ganzen Landes finden.« Staatssekretärin Juliane Seifert spricht von der Geschichte und Tradition jüdischen Engagements in Deutschland, die mit der Eröffnung des Campus fortgeschrieben würden.
Namensgeber des Pears Jüdischer Campus ist der Hauptsponsor, die britische Pears Foundation, die am Sonntag durch Trevor Pears vertreten ist. Auch er schneidet das rote Band durch und ist beim anschließenden Anbringen der großen Mesusa dabei. Im Kuratorium sitzen unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die Schauspielerin Iris Berben, der ehemalige »Bild«-Chefredakteur Kai Diekmann und der Unternehmer Alexander Otto.
UNTERSTÜTZER Wo gebaut wird, da will man bleiben, heißt es. Die Unterstützer des Campus wünschen sich genau das – der Bund, das Land Berlin und die vielen privaten Helferinnen und Helfer. Zu lesen sind ihre Namen in den Fluren vor den Räumen. Auch bei der abendlichen Gala kommen einige der Unterstützer noch einmal zusammen. Zwei Neuigkeiten gibt es dabei zu verkünden.
Kultursenator Joe Chialo (CDU) teilt mit, dass die durch Baukostensteigerungen entstandene Finanzierungslücke vom Senat geschlossen werde. Und Rabbiner Yehuda Teichtal gibt bekannt, dass es nach Abschluss der Arbeiten am Campus gleich mit dem nächsten Projekt weitergehe: »Wir werden eine erweiterte Synagoge mit Gemeindezentrum bauen.«
Weitere Informationen unter www.pjcampus.com