»Ich konnte mal entspannen, denn ich wusste, dass meine Tochter gut betreut wird.« Nelly Pushkin klingt ausgeglichen am Telefon. Sie habe an diesem Wochenende wieder Kraft schöpfen können, sagt die vierfache Mutter. Gemeinsam mit ihrer Tochter Miriam Mushka nahm Pushkin an der Familienfreizeit von »Gesher – Die Brücke« der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) in Bad Sobernheim teil.
Zwölf Familien mit behinderten und nichtbehinderten Kindern und sechs speziell ausgebildete Madrichim sorgten dafür, dass sich die Familien nach einem anstrengenden Jahr endlich einmal wieder richtig fallen lassen konnten.
Mit anderen gemeinsam Schabbat feiern, mit Eltern ins Gespräch kommen – es war das erste Mal seit langer Zeit, dass die ZWST ein Programm in Bad Sobernheim organisieren konnte. Geplant von »Gesher«, gefördert auch durch die »Aktion Mensch«. Der physischen Begegnung war eine Zoom-Konferenz über die Hygieneregeln vorausgegangen.
VR Tour Gleich am ersten Tag gab es ein Highlight: eine Virtual Reality Tour. Am nächsten Tag kamen Ponys und Pferde, später ging es zu einem Barfußpfad, es wurde Ball gespielt und ein Theaterstück einstudiert. Ein altersgerechter Schabbatgottesdienst in spielerischer Form stand auf dem Programm, und die Kinder bereiteten für ihre Eltern Geschenke zum Schabbat vor. Melanie Hubermann, Systemische Therapeutin für Familien-, Paar- und Einzeltherapie, hielt per Zoom zwei Vorträge für die Eltern über die Pubertät und doppelte Belastung während Corona.
Yevgenia Freifeld aus Frankfurt genoss die Tage ebenfalls. Die Sozialarbeiterin leitet bei der ZWST ein Programm für Alleinerziehende. Ihre Tochter Esther kam in der 24. Schwangerschaftswoche auf die Welt und gilt somit als extremes Frühchen. Die 13-Jährige ist schwerhörig und besucht deshalb auch eine Schule für Schwerhörige. Ihr Sprachverständnis sei zudem nicht so gut und sie entwickle sich langsamer als andere. »Aber viel besser, als die Ärzte uns prophezeiten.« Wenn man Esther fragt, was sie besonders mochte in Bad Sobernheim, dann zählt sie auf: Trampolin springen, die Pferde, den Barfußpfad und die afrikanischen Schnecken, die jemand mitgebracht hatte.
Sie sind nicht mit den hiesigen zu vergleichen, denn sie sind viel größer. Die Kinder konnten sie in die Hand nehmen, bestaunen und beobachten, was sie essen. Ein weiterer Höhepunkt war für Esther auch die Theateraufführung. Und dass ihr Wunsch Berücksichtigung fand, eine Rolle zu übernehmen und einen Satz deutlich zu sagen. »Sie wusste, dass ihr in diesem Moment die Bühne gehört und alle ihr zuhören werden, das half ihr und gab ihr Sicherheit.«