Mit dem Online-Portal »Jewish Places« kann man auf einer interaktiven Landkarte jüdische Orte und Sehenswürdigkeiten in Berlin und ganz Deutschland per Mausklick erkunden. Historische Stätten werden ebenso dargestellt wie gegenwärtige Einrichtungen jüdischen Lebens. Das Jüdische Museum Berlin hat die Website in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie der Rothschild Foundation und der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelt. Gedacht ist das Projekt, das seit Mitte September online ist, auch als Mittel gegen Antisemitismus.
Als partizipative Plattform sollen stetig weitere Orte und Einrichtungen hinzukommen. Nutzer können dabei selbst Einträge vervollständigen, eigene Inhalte hinzufügen sowie Fotos und Filme hochladen.
hemmschwellen Doch genau hier liegt das Problem: Wenn jeder mitmachen kann, ist dann nicht auch die Gefahr von Missbrauch groß? »Alle partizipativen Plattformen und Netzwerke bergen ein gewisses Risiko des Missbrauchs«, sagt Barbara Thiele, Projektleiterin von Jewish Places auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen. Seit dem Start verzeichne die Website rund 200 neue Einträge sowie 200 neue Nutzer. Falsche oder antisemitische Beiträge habe es bislang aber nicht gegeben.
»Natürlich sind im digitalen Raum Hemmschwellen grundsätzlich niedriger – aber in den letzten vier Wochen, in denen 5000 Besucher die Plattform nutzten, gab es keine diskriminierenden Einträge«, sagt Thiele.
Damit das auch in Zukunft so bleibt, prüfen zwei Mitarbeiter des Jüdischen Museums regelmäßig alle neuen Beiträge. Zudem werden alle nichtkommerziellen Einrichtungen gesondert nach ihrem Einverständnis gefragt, bevor sie auf der Karte erscheinen. Darüber hinaus gibt es bei der Nutzung von Jewish Places weitere Barrieren, die verhindern sollen, dass spontane Hasskommentare eingetragen werden können. Ohne gültige E-Mail-Adresse, Username und Passwort sind Einträge und Bearbeitungen nicht möglich. Ein Gästebuch gibt es ebenso wenig wie eine Kommentarfunktion.
neukölln Sollte es dennoch zu strafrechtlich relevanten Äußerungen kommen, werde man diese auch zur Anzeige bringen, wie Léontine Meijer-van Mensch, Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin, erklärt. »Wir werden nicht zulassen, dass die Plattform für Hass und Hetze missbraucht wird«, sagt Meijer-van Mensch. Die Jewish Places seien ein gutes Mittel gegen Antisemitismus, da sie zu einem Normalisierungsprozess hinsichtlich des jüdischen Lebens und der deutsch-jüdischen Geschichte beitragen würden.
Yonatan Weizmann von der Initiative »Shalom Rollberg« hält die Plattform für eine gute Idee. »Wir hoffen, dass wir als Projekt durch unseren Auftritt bei Jewish Places bekannter werden«, sagt Weizmann. Shalom Rollberg ist eine Plattform, auf der sich jüdische Berliner ehrenamtlich einbringen können.
Durch Bildungsangebote wie Workshops oder Nachhilfestunden sollen vor allem muslimisch geprägte Kinder und Jugendliche in Neukölln angesprochen werden. Ziel dabei ist, antisemitische Ressentiments zu bekämpfen. Als die Initiativverantwortlichen von den Machern von Jewish Places gefragt wurden, ob sie mit ihren Büroräumen in der Werbellinstraße verzeichnet werden wollen, haben sie sofort zugesagt. »Wir wollen uns nicht verstecken, sondern im Kiez Flagge zeigen«, sagt Weizmann. Angst vor Attacken auf ihr Büro hätten sie nicht.
büro Auch die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) geht nicht davon aus, dass ihre Teilnahme bei Jewish Places zu negativen Reaktionen führen wird. »Die Karte ist eine schöne und gelungene Initiative, um jüdisches Leben in Deutschland noch sichtbarer zu machen«, findet Mike Samuel Delberg von der JSUD. »Wir wollten in jedem Fall mitmachen«, sagt Delberg. Die genaue Adresse ihrer Büroräume in Berlin wollten die Studierenden aber nicht im Internet veröffentlichen. Das habe einen ganz einfachen Grund: »Büro- und Arbeitsräume sind ja nicht gerade sehr repräsentativ oder touristisch sehenswert«, meint Delberg.