Nach der Menschenkette zum Jahrestag der Bombardierung am vergangenen Montag sind am Samstag erneut Tausende Dresdner auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen Rechtsextremismus und Intoleranz.
Bei einer deutlich kleineren Kundgebung als erwartet, sprach sich der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel für ein NPD-Verbot aus. An der Veranstaltung unter dem Motto: »Mit Mut, Respekt und Toleranz – Dresden bekennt Farbe« nahm auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) teil.
Beim Gedenken an die Deportationen Dresdner Juden vom Bahnhof Neustadt hatte am Donnerstag der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, dazu aufgerufen, die Erinnerung an die Naziverbrechen weiter wachzuhalten. Kramer forderte vor rund 100 Teilnehmern: »Lassen Sie uns niemals wieder gleichgültig sein, denn nur dann haben Gedenken und Erinnerung einen Sinn.«
Vom Neustädter Bahnhof sollten am 16. Februar 1945 die letzten Deportationszüge Richtung Auschwitz abgehen. Sie wurden durch die Bombardierung am 13. und 15. Februar verhindert, die damit indirekt 230 Juden das Leben rettete, die sich aufgrund des entstandenen Chaos in Sicherheit bringen konnten.
Gerettet Unter ihnen waren neben dem Romanisten Victor Klemperer auch der heutige Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Dresden, dessen Schwester und Vater. Auf diese Weise habe die Bombardierung auch Leben gerettet, sagte Kramer. Dies sei keine Rechtfertigung für die Angriffe, es gehöre aber auch zur Erinnerung.
Der Bahnhof Dresden-Neustadt war Startpunkt oder Zwischenstation für viele Deportationen. Tausende Juden wurden von hier in die Ghettos oder Konzentrationslager gebracht. An die Transporte erinnert vor dem Gebäude eine Tafel, an der Teilnehmer der Gedenkfeier Blumen niederlegten.
Bereits am Montag, dem 67. Jahrestag der Bombardierungen, hatte Kramer davor gewarnt, den Widerstand gegen Neonazis, die dieses Datum regelmäßig für einen Gedenkmarsch missbrauchen, durch Politik und Jurisprudenz zu kriminalisieren.
Neumarkt Nachdem der zweite Aufmarsch von Neonazis innerhalb einer Woche in Dresden ausgeblieben war, bereitet sich nun Chemnitz auf den Aufmarsch Rechtsradikaler vor. Für den 5. März erwartet die Stadt mehrere Hundert Rechtsgesinnte. Die zentrale Gedenkkundgebung der Stadt soll auf dem Neumarkt stattfinden.
Unterstützt wird das Vorhaben von Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD), Vertretern aus Wirtschaft, Kultur, Kirchen und der Jüdischen Gemeinde. Rund 14 Veranstaltungen sind geplant. Die Stadt wurde zwischen dem 6. Februar und dem 11. April 1945 zehnmal bombardiert, dabei wurden 80 Prozent der Innenstadt zerstört.