Am 20. Mai haben Richter der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts einstimmig die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung abgelehnt, die ein jüdisches Ehepaar um die Synagogensteuer in Frankfurt am Main angestrebt hatte.
Die Eheleute waren bei ihrem Umzug von Frankreich nach Frankfurt automatisch Mitglieder der Jüdischen Gemeinde geworden, nachdem sie im Meldebogen des Einwohnermeldeamtes ihre Religionszugehörigkeit mit »mosaisch« angegeben hatten.
Beim Meldeamt in Frankfurt gilt: Angaben zur Religion werden an die zuständige Gemeinde weitergeleitet – in dem Fall an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen und von dort weiter an die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main.
WILLKOMMENSGRUSS Neumitglieder erhalten dann ein Schreiben, in dem neben dem »Willkommensgruß« auch auf die dreimonatige Frist hingewiesen werde, der Mitgliedschaft zu widersprechen, betont Marc Grünbaum, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde. Diese hielt das Ehepaar offenbar nicht ein. Neun Monate nach dem Umzug widersprach es formal der Mitgliedschaft mit der Begründung, sie seien liberale Juden, die Frankfurter Gemeinde sei ihnen zu orthodox.
Die meisten Gemeinden lassen die Kultussteuer von den Finanzämtern einziehen.
»Das Argument, den Klägern sei die Gemeinde zu orthodox, zieht nicht. Wir sind eine Einheitsgemeinde, in der es einen orthodoxen, einen ultraorthodoxen und einen liberalen Ritus gibt. Es steht demnach jedem Mitglied frei, für welche der Synagogen beziehungsweise Gebetsräume es sich entscheidet«, sagt Grünbaum. »Der Gleichheitsgrundsatz gilt für jeden, auch für uns, daher können wir über die Höhe von Steuern nicht verhandeln.«
FINANZAMT Die Mehrheit der im Zentralrat der Juden zusammengeschlossenen jüdischen Stadtgemeinden und Landesverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und haben damit das Recht, Kultussteuer zu erheben. Dabei können sie wählen, die Steuer vom Finanzamt einziehen zu lassen oder sie selbst zu erheben. Die meisten lassen diese von den Finanzämtern entsprechend der Steuersätze von der Lohn- oder Einkommensteuer einziehen.
»Die Synagogensteuererhebung und -festsetzung geschieht grundsätzlich durch die gute und enge Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung«, heißt es aus der Steuerabteilung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Das monatliche Synagogengeld werde von der Gemeinde direkt erhoben.
In den ostdeutschen Bundesländern sind Gemeinden selbst für die Erhebung der Kultussteuer zuständig.
Auch in Baden, Hamburg, Köln, Düsseldorf, den Landesverbänden Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Synagogengemeinde Saar sowie beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen erfolgen Einzüge durch die Finanzämter und die Oberfinanzdirektion.
RÜCKSICHT Die Jüdische Gemeinde Wiesbaden erhebt keine Kultussteuer, sondern fordert ein Synagogengeld direkt von den Mitgliedern ein. In den ostdeutschen Bundesländern sind Gemeinden wegen fehlender Gesetzesregelung selbst für die Erhebung der Kultussteuer zuständig. So wie die Jüdische Landesgemeinde Thüringen. »Mit Rücksicht auf die soziale Lage vieler Mitglieder unserer Landesgemeinde sind wir nicht energischer«, sagt der Vorsitzende Reinhard Schramm.
In den Gemeinden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen dagegen bezahlen die Mitglieder nach einer Selbstauskunft oder Schätzung ein sogenanntes Kultusgeld, das der Verband einzieht. Beter mit geringem Einkommen müssen ein kleines Synagogengeld entrichten, berichtet Landesverbandsvorsitzender Michael Fürst.
In Berlin wiederum ist jedes Gemeindemitglied verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid »bei der Erhebung der Gemeindesteuer« vorzulegen, die dann von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eingezogen wird.