Die Idee klang zugegebenermaßen ambitioniert: Schüler der Joseph-Carlebach-Schule in Hamburg hatten sich vorgenommen, nicht nur eine Menora aus Legosteinen zusammenzubauen, sie sollte auch noch die größte der Welt werden!
Und natürlich pünktlich fertig sein, bevor Chanukka wieder vorbei ist. Also herrscht beim Weltrekordversuch am Mittwoch konzentriertes und geschäftiges Treiben in der Aula der Schule im Grindelviertel.
Elemente In einer Ecke drücken kleine Finger mit aller Kraft die Plastiksteinchen aufeinander, das Ganze muss ja stabil werden. Andere Schüler schleppen die vorgebauten Elemente, an denen sie in ihren Klassenräumen schon den ganzen Vormittag gebastelt haben, in die Halle.
Die wichtigste Person an diesem Tag ist allerdings neben Schulrabbiner Shmuel Havlin, der sich das ganze ausgedacht hat, der Lego-Experte Robert Engeleiter. Denn der ist für die Statik des Aufbaus verantwortlich. Der 27-Jährige kennt sich mit den Plastikbausteinen aus, nicht nur aus Kindertagen, er baut noch immer leidenschaftlich, »allerdings eher technische Dinge, Lkws und so«, stellt er klar.
Ein paar Monate hatte die Vorbereitung für das Mammutprojekt gedauert, vor allem die Berechnung, wie viele Steine es wohl für so eine Riesenmenora bedurfte. Mehr als 20.000 Teile wurden am Ende von den Schülern verbaut. Bei der Frage nach der Statik bleibt der Baumeister norddeutsch nüchtern: »Hauptsache, sie bleibt stehen.«
Den eigentlichen Leuchter bekam die Schule von der Münchener Gemeinde ausgeliehen, die vor ein paar Jahren ein ähnliches Projekt unternommen hatte. Einige Steine steuerten auch die Bayern bei, den Rest besorgte die Hamburger Gemeinde. Sie sollen nach dem gelungenen Projekt als Spielzeug für die Kinder dienen.
Doch momentan haben sie noch einen ernsthaften Auftrag. Schließlich geht es in Hamburg um einen Weltrekord! Der bisherige Rekord wird von einer Schule in New York gehalten, auf 4,20 Meter kamen die amerikanischen Lego-Profis. »Wir peilen fünf Meter an, aber wenn es 4,21 Meter werden, sind wir auch froh«, sagt Rabbiner Havlin.
Guinness-Buch Offiziell wird der Rekord wohl leider nicht, weil die Verantwortlichen des Guinness-Buches leider zu langsam auf die Anfrage reagierten. Dennoch legen die Legobauer ohne offizielle Begutachtung, aber unter den wachsamen Augen der kleinen Mithelfer, los. Langsam setzt sich Ring um Ring der bunten Quader zusammen, überragt zunächst die Jüngsten, dann auch den Rabbiner.
Das junge Publikum schätzt den Bau schon während seiner Entstehung auf vier, fünf, gar sechs Meter. Rabbiner Havlin scheut keine Gefahr und vor allem keine Höhen und klettert ein ums andere Mal die steile wackelige Bauleiter empor, um den Turm in die Höhe zu treiben. Die Spitze nähert sich bedenklich der Hallendecke. Alle kleinen und großen Zuschauer müssen noch einmal einen Meter zurückweichen, damit sie in Sicherheit sind, falls der Bau doch noch umfallen sollte. Schließlich fehlen nur noch die äußeren Leuchtarme, die Havlin und Engeleiter gemeinsam in luftiger Höhe anbringen.
Jubel Dann kommt der spannende Moment, das Maßband wird ausgerollt, Zentimeter um Zentimeter, Meter um Meter, und schließlich verkündet Engeleiter das Ergebnis: »Fünf Meter zweiundachtzig!« Stolze 160 Zentimeter mehr als der bisherige Weltrekord.
Das kann sich sehen lassen. Jubel und Applaus branden in der Aula auf. Aber ein bisschen besinnlich wird es auch noch, schließlich ist Chanukka, und die Schüler und Eltern lauschen Rabbiner Havlins Gesang, während er die ersten vier Kerzen der Menora vier Meter über ihren Köpfen entzündet.
Und ein wenig ging es bei dem Projekt ja auch darum, den Kindern zu zeigen, was sie gemeinsam erreichen können. Ein einzelner Stein ist nicht sehr viel, zusammen aber reichen sie bis zur Decke: »Unser eigenes kleines Chanukkawunder sozusagen.«