»Solidarität mit Israel«, »Gegen jeden Antisemitismus«, »Free Gaza from Hamas«: Dies waren die Forderungen, die in der vergangenen Woche bei Kundgebungen und Demonstrationen in vielen deutschen Städten mit Nachdruck verkündet wurden. Bundesweit waren von Donnerstag an über das gesamte verlängerte Wochenende Tausende Menschen auf den Straßen, um sich vor dem Hintergrund der elftägigen Terrorattacken aus dem Gazastreifen mit dem Staat Israel und seinen Bürgern solidarisch zu zeigen – und der jüdischen Gemeinschaft hierzulande die Botschaft zu senden: Wir stehen fest an eurer Seite! Unter anderem fanden in Köln, Darmstadt, Augsburg, Gießen, Marburg, Düsseldorf, Regensburg, Stuttgart, Leipzig, Heidelberg, Frankfurt am Main und Nürnberg Veranstaltungen statt.
Fraueninitiative In Frankfurt waren am Sonntagnachmittag rund 300 Menschen auf den Opernplatz gekommen, um ein Zeichen gegen den steigenden Antisemitismus und antisemitische Gewalttaten in Deutschland und anderen Ländern zu setzen. Zu der Kundgebung mit anschließendem Demonstrationszug zur Bockenheimer Warte unter dem Motto »Frankfurt – Genug ist genug!« hatte die Fraueninitiative »Women Against Racism And Antisemitism« aufgerufen. Unterstützt wurde die Aktion vom Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (JuFo).
»Im Namen der sogenannten Israelkritik haben wir in den zurückliegenden Tagen in vielen deutschen Städten antisemitische Massenaufmärsche erlebt, auch in Frankfurt«, sagte der Sprecher des JuFo Frankfurt, Alan Marx. »Dies ist eine hochproblematische Entwicklung, gegen die wir uns deutlich stellen wollen, indem wir uns mit Israel und der jüdischen Gemeinschaft im Land solidarisch zeigen.« Marx fügte hinzu: »Es ist wichtig, dass wir als Gesamtgesellschaft klarmachen, dass Antisemitismus sowie Hass und Hetze gegen den Staat Israel in Deutschland keinen Platz haben.«
Der Rathausplatz in Gießen verwandelte sich in ein blau-weißes Fahnenmeer.
Unter einem großen Polizeiaufgebot demonstrierten ebenfalls am Sonntag rund 1200 Menschen in Nürnberg gegen Antisemitismus. Die Kundgebung stand unter dem Motto »Nein zu Judenhass« und wurde von zahlreichen Polizisten begleitet, die unter anderem von Dächern aus ein Auge auf die Menge hatten. Einige Teilnehmer trugen Israel- oder Regenbogenflaggen. Auf ihren Plakaten forderten sie »Solidarität mit Israel«.
Bereits am Vortag hatten sich in Gießen rund 400 Menschen zu einer Kundgebung versammelt und den zentralen Rathausplatz in ein blau-weißes Fahnenmeer getaucht. Das Motto der Veranstaltung lautete »Solidarität mit Israel – gegen jeden Judenhass auf deutschen Straßen«. »Ich bin begeistert von der großen Anteilnahme aus der Zivilgesellschaft«, sagte Lawrence de Donges-Amiss-Amiss von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), die gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde zu der Kundgebung aufgerufen hatte. »Gießen stellt sich kraftvoll gegen Antisemitismus, Rassismus und Homophobie«, sagte de Donges-Amiss-Amiss.
Prominente Redner waren der aus Gießen stammende Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Uwe Becker, Antisemitismusbeauftragter der Hessischen Landesregierung. »Israelkritik ist keine Kritik an israelischer Regierungspolitik, sondern der Versuch, den Staat Israel zu delegitimieren. Wer Israel zur Zielscheibe seines Hasses macht, ist ein Antisemit«, sagte Becker. Der »israelbezogene« Antisemitismus sei viel zu lange kleingeredet worden.
Verfassungstag Kanzleramtschef Braun verwies darauf, dass am Sonntag in Deutschland Verfassungstag war, und zitierte einige Artikel des Grundgesetzes. Diese Rechte gelten »für alle, die hier leben«, sagte Braun. Die Angriffe auf Synagogen oder Hassreden gegen die jüdische Bevölkerung seien »völlig inakzeptabel« und ein Vergehen gegen das Grundgesetz. »Die Mehrheit in Deutschland wird so etwas niemals akzeptieren«, so Braun.
Auch in Düsseldorf zeigten sich am Freitag vor dem nordrhein-westfälischen Landtag mehr als 400 Teilnehmer einer Demonstration unter dem Motto »Shalom – gegen jeden Antisemitismus – Solidarität mit Israel« mit dem jüdischen Staat und der jüdischen Community solidarisch. Aufgerufen hatte die DIG gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. »Uns war es ein Anliegen, ein Gegengewicht zu den hasserfüllten Demonstrationen von Unterstützern der Hamas zu setzen und deutlich zu machen, dass Antisemitismus in unserem Land nichts zu suchen hat«, sagte Jürgen Sterzenbach, stellvertretender Vorsitzender der DIG Düsseldorf.
»Wir müssen in Zukunft noch stärker präventiv arbeiten, damit es nicht wieder zu derartigen Szenen kommt.« Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) betonte in seiner Rede, man dürfe »Antisemitismus nicht dulden, mit Blick auf unsere historische Verantwortung, auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und auf die Vielfalt in unserer Stadt«.
In Köln hatten die Antifa CGN, das Bündnis gegen Antisemitismus, die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Köln und die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit am 20. Mai zu einer Solidaritätsdemo unter dem Motto »Gegen jeden Antisemitismus. We stand with Israel« auf dem Heumarkt aufgerufen. In Deutschland müsse der Schutz für jüdische Einrichtungen und Synagogen sowie für Gedenkorte, die an die nationalsozialistische Judenverfolgung erinnern, massiv erhöht werden, forderten sie.
Runder Tisch In Marburg hatte am Donnerstag der Runde Tisch der Religionen zusammen mit dem Verein Gemeinsam e.V. zu einer Mahnwache mit Friedensgebet gegen Antisemitismus und die Gewalt im Nahen Osten aufgerufen. »Als Juden, Christen, Muslime und Menschen anderer Konfessionen in Marburg wollten wir klarmachen, dass wir uns nicht durch Hass und Hetze auseinanderdividieren lassen«, sagte Initiatorin Monika Bunk. Ganz gleich, wie man persönlich über den Nahostkonflikt denke: »Antisemitismus geht weder hier noch dort.«
Maya Zehden, Vizepräsidentin der DIG Deutschland, betonte: »Die zahlreichen Solidaritätsveranstaltungen für Israel machen Juden in Deutschland Mut.« Mit Blick auf die anti-israelischen Hassdemonstra-
tionen rief sie die Politik zum Handeln auf. »Wenn Fahnen nicht gezeigt werden können, ohne eine Eskalation zu befürchten, dann sollten politisch Verantwortliche das nicht länger ignorieren«, forderte Zehden.