In Zeiten der Pandemie müssen Ausstellungsorte und Museen auf ungewohnte Mittel zurückgreifen, um erreich- und erlebbar zu bleiben. Damit hat das Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg (IGDJ) allerdings schon Erfahrung. Denn mit »Frauenleben« zeigt es derzeit bereits die siebte Online-Ausstellung.
Die Ausstellung im Rahmen der »Schlüsseldokumente-Edition« haben die Kuratorinnen in fünf Kapitel unterteilt, denen beispielhafte Biografien zugeordnet sind. So soll das ganze Spektrum weiblichen Lebens und Schaffens an der Elbe in all seiner Diversität jenseits der Rollenklischees abgebildet werden. Von Privatem über Bildung und Arbeit bis zu kulturellem und politischem Wirken jüdischer Frauen wird der Bogen gespannt. Dabei lehnt sich die Ausstellung eng ans individuelle Erleben an und nutzt Interviews sowie Briefe oder Tagebucheinträge der Protagonistinnen.
Die Ausstellung schöpft die Vielfalt, die der virtuelle Raum bietet, aus.
Diese subjektiven Einblicke lassen die Frauen ihre eigene Geschichte erzählen. Doch die klassischen Abbildungen originaler Quellen sind nicht das einzig Interessante, das es virtuell zu erkunden gibt. So lassen sich Fotografien, manchmal auch Audioquellen oder Videos, zu den einzelnen Frauenbiografien entdecken. Die Ausstellung schöpft die Vielfalt, die der virtuelle Raum bietet, aus und gibt dem Besucher die Möglichkeit, sich eingehend mit jeder Geschichte zu beschäftigen.
Berühmte Hamburgerinnen tauchen dort auf, wie zum Beispiel Ida Ehre, die als Intendantin der Hamburger Kammerspiele die Kulturszene der Hansestadt über Jahrzehnte maßgeblich mitprägte. Auch Heinrich Heines Mutter Betty findet sich dort. Ihre Biografie ist ebenfalls mit zahlreichen Originalquellen unterfüttert.
Zauberladen Über weiterführende Links gelangen Interessierte zum ausführlichen Archiv des Briefverkehrs der Familie Heine, aus dem sich viel auf den Alltag eines Frauenlebens zu jener Zeit schließen lässt. Aber auch weniger bekannte Frauen werden hier ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, um so ein Mosaik verschiedenster Biografien zu schaffen. Die Zauberladen-Besitzerin Rosa Bartl gehört dazu, die, fast in Vergessenheit geraten, nun als echte »Hamburgensie« in der Ausstellung wieder auftaucht.
Dass die Ausstellung aber keineswegs zum Ziel hat, nur die Vergangenheit abzubilden, zeigt sich vor allem auch im Kapitel »Politik und Gesellschaft«. Denn dort trifft man auf die Biografie von Esther Bejarano, die in Hamburg nicht nur eine Wäscherei, eine Diskothek und eine Boutique leitete, sondern sich mit ihren inzwischen 96 Jahren mit vollem Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus engagiert.
Präventionsarbeit Oder auf die 40-jährige Hamburgerin Mascha Schmerling, die sich der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus widmet und in der Ausstellung in einem Video-Interview zu sehen ist. Schmerling betont: »Niemand ist nur jüdisch. Zu einer Identität gehören ganz viele Aspekte, wie zum Beispiel, eine Frau zu sein oder eine Mutter zu sein oder deutsch zu sein.«
Wie vielfältig diese Identitäten aussehen, lässt sich in dieser Ausstellung erfahren. Die spannenden Biografien der Schau Frauenleben sind auch in das bundesweite Festjahr #2021JLID des Vereins »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.« eingebunden und jederzeit online abrufbar.