Seit vielen Jahren kämpft die jüdische Gemeinde im sachsen-anhaltinischen Dessau schon für den Neubau einer Synagoge. Nun nimmt das Vorhaben endlich konkrete Gestalt an: Am vergangenen Mittwoch überreichte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dem Gemeindevorsitzenden Alexander Wassermann eine Fördermittelzusage in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro.
Von der Stadtverwaltung und dem Zentralrat der Juden in Deutschland gab es weitere Fördermittelbescheide von insgesamt etwa 400.000 Euro. Hinzu kommen private Spendengelder, Eigenmittel, Lotto-Fördermittel sowie zusätzliche 176.000 Euro vom Land Sachsen-Anhalt für notwendige Sicherheitsmaßnahmen. Die Entscheidung dafür sei nach dem Terroranschlag auf die Synagoge von Halle getroffen worden, hieß es vonseiten der Landesregierung.
Stadtschloss Dem Bau auf dem Platz in der Nähe des Dessauer Stadtschlosses, wo sich einst das historische Synagogengebäude befand, steht nun nichts mehr im Wege. Die Arbeiten sollen bereits im März beginnen, heißt es bei der Gemeinde.
Bereits Ende des kommenden Jahres soll der Bau vollendet sein.
Die Fertigstellung ist nach jetzigem Planungsstand für Ende des kommenden Jahres angesetzt. Benannt werden soll die neue Synagoge nach dem Komponisten Kurt Weill (1900–1950). Kurt Weills Vater war als Kantor in der Jüdischen Gemeinde Dessau tätig gewesen.
»Der Synagogenneubau ist ein wichtiges Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus«, sagte der Gemeindevorsitzende Wassermann. Er sei überaus dankbar für die Unterstützung des Landes. »Die Regierung macht damit deutlich, dass sie an unserer Seite steht.«
Zeitplan Auch der Gemeinderabbiner von Dessau und Halle an der Saale, Elischa Portnoy, freute sich über die von der Landesregierung zugesicherten Finanzmittel und die Unterstützung durch die Dessauer Stadtverwaltung, insbesondere von Oberbürgermeister Peter Kuras (FDP). »Es ist wunderbar, dass der Zeitplan für den Bau der Synagoge jetzt endlich sicher steht«, sagte Portnoy.
Für die Dessauer Gemeinde werde die Synagoge ein neuer Anlaufpunkt für Gottesdienste und andere Aktivitäten werden. Der Neubau stehe symbolisch für das Selbstbewusstsein der rund 300 Mitglieder zählenden Gemeinde.
»Auch die Stadt wird enorm von der neuen Synagoge profitieren«, war sich Portnoy sicher. Die Synagoge werde zu einer weiteren, gut besuchten Sehenswürdigkeit werden und Touristen aus aller Welt anlocken.
Die Bauten in Dessau und Magdeburg sind die ersten Synagogenbauten in Sachsen-Anhalt seit 1945.
Nach Angaben der sachsen-anhaltinischen Landesregierung sind die geplanten Synagogenbauten in Dessau und in der Landeshauptstadt Magdeburg, wo derzeit auch ein neues Gotteshaus entsteht, die ersten Neubauten von jüdischen Sakralgebäuden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
»Das Judentum gehört zu Deutschland«, sagte Ministerpräsident Haseloff. Es gebe lebendige Gemeinden im Land. »Wer ein Haus baut, der will bleiben.« Mit dem Neubau werde jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt gestärkt. »Jüdisches Leben wird in der Stadt Dessau wieder sichtbar, und zwar dort, wo einst die alte Synagoge stand. Darüber bin ich sehr glücklich«, sagte Haseloff.
»Hetze und Hass dürfen unser Land nicht vergiften«, sagt Ministerpräsident Reiner Haseloff.
Der Ministerpräsident rief auf zum entschiedenen Einsatz gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. »Hetze und Hass dürfen unser Land nicht vergiften«, sagte der CDU-Politiker.
Vielfalt Religiöse Vielfalt sei die Voraussetzung für Menschlichkeit. Haseloff erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Verbrechen der Nationalsozialisten und mahnte ein entsprechendes Gedenken an.
»Nicht ob, sondern wie wir uns künftig erinnern, ist die zentrale Frage. Das Ausbleiben der Erinnerung wäre eine Katastrophe. Wir dürfen nicht blind in die Zukunft gehen.« Die Verbrechen des Nationalsozialismus seien »präzedenzlos«.
Die historische Dessauer Synagoge wurde im Jahr 1908 eröffnet. In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Gotteshaus von einem Mob geschändet und in Brand gesteckt. Später wurden die Reste des Gebäudes abgetragen. Auch das Gemeindehaus und die Trauerhalle auf dem Jüdischen Friedhof wurden von SA-Schlägertrupps geplündert und niedergebrannt.