Der Schatzmeister der Union progressiver Juden (UpJ), Michael Heimann, ist von seinem Amt zurückgetreten. Das verkündete er am Wochenende in einer Rundmail an alle UpJ-Mitgliedsgemeinden.
Die Vorsitzende Irith Michelsohn zeigt sich von diesem Schritt überrascht und weist Kritik an der Organisation zurück.
Als Grund für seine Entscheidung nennt Heimann den seiner Meinung nach gescheiterten Versuch, die Union nach den Kontroversen um ihren vorherigen Vorsitzenden, Rabbiner Walter Homolka, neu zu ordnen. Erst im Dezember war Heimann in den Vorstand der UpJ gewählt worden. Heimann ist Vorsitzender der Kultuskommission der Reformsynagoge der Jüdischen Gemeinde Hamburg.
Entwicklung »Leider konnte im Vorstand weder eine gemeinsame Bewertung der erhobenen Missbrauchsvorwürfe noch Einigkeit über die weitere Entwicklung der Union in eine moderne, transparente und partizipative Organisation gefunden werden«, schrieb Heimann an die Gemeinden. »Da ich keine Möglichkeit gesehen habe, meine Vorstellung von einer reformierten Union umzusetzen, habe ich meinen Rücktritt vom Vorstand erklärt.«
Als vor einem Monat der UpJ-Vorstand neu gewählt worden war, hatte sich Heimann noch zuversichtlich gezeigt.
Als vor einem Monat der UpJ-Vorstand neu gewählt worden war, hatte sich Heimann noch zuversichtlich gezeigt. Die Mitglieder sollten »erst einmal abwarten, was der neue Vorstand tatsächlich macht«, sagte er damals der Jüdischen Allgemeinen. Die Neugewählten müssten jetzt zeigen, »dass ihnen ein Neustart gelingen kann und sie die verschiedenen Gruppen in der UpJ wieder zusammenbringen«, so Heimann im Dezember. Er selbst glaubt nach einem Monat im Amt offenbar nicht mehr an einen Wandel.
Doch schon damals äußerten mehrere UpJ-Mitglieder Zweifel an der Reformbereitschaft des neuen Vorstands. Rebecca Seidler, Geschäftsführerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, nannte damals das Wahlergebnis »frustrierend«. Sie sagte: »Der neue Vorstand besteht weiterhin aus Personen, die Walter Homolka unterstützen.«
Damit war insbesondere die neue Vorsitzende, Irith Michelsohn, gemeint, der ihre Kritiker vorhalten, eine Vertraute von Homolka zu sein. Neben ihr und Heimann wurden Alexandra Khariakova als Stellvertreterin, Daniel Schaban und Mircea Ionescu als weitere Mitglieder in den neuen Vorstand gewählt.
unterschiede Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte Irith Michelsohn, der übrige Vorstand sei von Heimanns Rücktritt »sehr überrascht«. Erst vorvergangenen Montag habe es eine Vorstandssitzung gegeben, in der »alles unseres Erachtens nach einvernehmlich geklärt« worden sei. Heimann selbst habe »die Anregung eines Vorstandsmitgliedes noch einmal in eine Klausurtagung zu gehen mit der Begründung abgelehnt, dass wir jetzt alle einen gemeinsamen Nenner haben und es keine Unterschiede mehr gibt«.
Man habe Heimann auf der Sitzung gebeten, »ein Schreiben im Namen des gesamten Vorstandes zu entwerfen, wo dieser sich gegen sexualisierte Belästigung und Machtmissbrauch ausspricht«. Dafür sei ihm umfassender Zugang zu UpJ-Unterlagen gewehrt worden. »Wir wissen nicht, wo hier keine Transparenz und Demokratie etc. herrschen soll«, so Michelsohn.
Heimann selbst will sich zu den Hintergründen seiner Entscheidung vorerst nicht ausführlicher in der Öffentlichkeit äußern, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte.
Der Rücktritt Heimanns ist bereits der zweite Bruch mit der UpJ, der in diesem Monat verkündet wurde.
Der Rücktritt Heimanns ist bereits der zweite Bruch mit der UpJ, der in diesem Monat verkündet wurde. Erst letzte Woche erklärte die Jugendorganisation Tamar ihren Austritt aus der Union. »Wir kritisieren den fehlenden Willen zur Veränderung und die mangelnde Transparenz gegenüber den Mitgliedern der UpJ«, hieß es in einem Statement. Die Neuwahl des Vorstands im Dezember sei nur ein weiterer Versuch gewesen, »sich der Verantwortung zu entziehen und den Fortbestand der vielfach kritisierten Machtstrukturen zu verschleiern.«
Michelsohn hatte damals erklärt, den Austritt Tamars »mit Bedauern« zur Kenntnis genommen zu haben. Gleichzeitig wies sie die Behauptung entschieden zurück, »dass in der UpJ Machtstrukturen aufgebaut wurden und diese fortgeführt werden«.
Hintergrund Der ehemalige UpJ-Vorsitzende Homolka steht seit Mai vergangenen Jahres stark in der Kritik. Er soll sich insbesondere des Machtmissbrauchs schuldig gemacht haben. Sowohl ein Gutachten der Universität Potsdam, an der Homolka lehrt, als auch der vorläufige Untersuchungsbericht einer vom Zentralrat der Juden beauftragten Anwaltskanzlei belasten Homolka schwer.
Homolka weist beide Berichte zurück. In einem Brief an die UpJ-Mitgliedsgemeinden kurz vor den Vorstandswahlen im Dezember schrieb er, sich »keiner Schuld bewusst« zu sein. Für den Vorsitz der Union habe er deshalb nicht erneut antreten wollen, um »eine unbelastete Beschlussfassung der Union« zu gewährleisten. js
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