Nachruf

Vorbild an Stärke und Vertrauen

(27.11.1923–31.7.2018) Foto: Christoph Schönbach

Einer der wohl letzten jüdischen Zeitzeugen ist nun hochbetagt in Wuppertal gestorben. Herbert Cohnen, 1923 geboren und in Elberfeld und Barmen aufgewachsen, hatte die Zeit der nationalsozialistischen Judenverfolgung als Sohn einer »gemischten Ehe« zu erleiden.

Sein jüdischer Vater, der Zigarrenhändler Alex Cohnen, und dessen evangelische Ehefrau Grete versuchten vergeblich, ihre beiden Söhne vor den rassistischen Diskriminierungen zu bewahren.

Zwang Aber weil beide Jungen jüdisch erzogen worden waren und der jüdischen Gemeinde als Mitglieder angehörten, galten Sie den Nazis als Juden – sie waren »Geltungsjuden«. So mussten auch sie alle diskriminierenden und demütigenden Vorschriften und Einschränkungen beachten: den Zwangsnamen »Israel« führen, den gelben Stern tragen und Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten.

Die »arische« Mutter, die in keinem Moment auch nur daran dachte, sich scheiden zu lassen, teilte mit Mann und Söhnen ihre Lebensmittelzuweisungen. Noch im September 1944 wurden Herbert Cohnen und sein jüngerer Bruder Albert deportiert.

Hinzu kam, dass Herbert Cohnen im Alter von 14 Jahren an Kinderlähmung erkrankt war und fortan an beiden Beinen gelähmt war. So ist es wie ein Wunder, dass er die Entbehrungen, die Zwangsarbeit und die ständige Bedrohung bis zur Befreiung durch die Rote Armee überlebte. Auch sein Vater, der 1943 wegen eines sogenannten Sternvergehens nach Auschwitz deportiert worden war, kehrte wieder nach Wuppertal zurück, wo er allerdings schon 1946 seinen durch medizinische Experimente hervorgerufenen Verwundungen erlag.

Aufbau Nach dem Krieg wirkte Herbert Cohnen tatkräftig am Aufbau der kleinen jüdischen Gemeinde in Wuppertal mit und engagierte sich in der örtlichen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Der gelernte Orthopädiemechaniker liebte die Oper und sang selbst im Männergesangsverein. Trotz seines Handicaps machte er den Führerschein und unternahm Reisen mit seiner Frau.

Seine Berufung aber fand Herbert Cohnen in der Begegnung mit jungen Menschen. Über Jahrzehnte hinweg berichtete er in zahlreichen Schulklassen in Wuppertal, Solingen und Remscheid aus seinem schweren Leben, und in der Begegnungsstätte Alte Synagoge war er ein gern gesehener Gast. Im Oktober 2017 wurde ihm wegen seiner Verdienste um die lebendige Erinnerungskultur der »Wuppertaler« verliehen.

Mit Herbert Cohnen verliert Wuppertal nicht nur einen Zeitzeugen und eine außergewöhnliche Persönlichkeit, sondern auch ein großes Vorbild an Stärke, Vertrauen und Unbeugsamkeit für alle Jüngeren.

Oldenburg

Judenfeindliche Schmierereien nahe der Oldenburger Synagoge   

Im vergangenen Jahr wurde die Oldenburger Synagoge Ziel eines Anschlags. Nun meldet eine Passantin eine antisemitische Parole ganz in der Nähe. Die Polizei findet darauf noch mehr Schmierereien

 21.02.2025

Berlin

Wladimir Kaminer verkauft Wohnung über Facebook

Mit seiner Partyreihe »Russendisko« und vielen Büchern wurde Wladimir Kaminer bekannt. Für den Verkauf einer früheren Wohnung braucht er keinen Makler

 20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

Thüringen

Antisemitismus-Beauftragter soll »zeitnah« ernannt werden

Seit Dezember ist der Posten unbesetzt. Dem Gemeindevorsitzenden Schramm ist es wichtig, dass der Nachfolger Zeit mitbringt

 19.02.2025

Weimar

Erlebtes Wissen

Eine Fortbildung für Leiter jüdischer Jugendzentren befasste sich mit der Frage des zeitgemäßen Erinnerns. Unsere Autorin war vor Ort dabei

von Alicia Rust  18.02.2025

Bundestagswahl

Scharfe Worte

Über junge politische Perspektiven diskutierten Vertreter der Jugendorganisation der demokratischen Parteien in der Reihe »Tachles Pur«

von Pascal Beck  18.02.2025

Justiz

Vorbild und Zionist

Eine neue Gedenktafel erinnert an den Richter Joseph Schäler, der bis 1943 stellvertretender IKG-Vorsitzender war

von Luis Gruhler  18.02.2025

Emanzipation

»Die neu erlangte Freiheit währte nur kurz«

Im Münchner Wirtschaftsreferat ist eine Ausstellung über »Jüdische Juristinnen« zu sehen

von Luis Gruhler  18.02.2025

Portät der Woche

Magische Momente

German Nemirovski lehrt Informatik und erforscht den Einsatz Künstlicher Intelligenz

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.02.2025