Zu den völlig neuen Perspektiven, die sich seit der Eröffnung des Gemeindezentrums am Jakobsplatz 2007 bieten, gehört die Möglichkeit, publikumsstarke Events im eigenen Haus zu veranstalten. Der große Hubert-Burda-Saal, ausgerüstet mit Bühne, Leinwand und moderner Technik, eignet sich dafür geradezu ideal. Ein Beispiel sind die Jüdischen Filmtage, die zu Beginn des Kalenderjahres als kulturelles Highlight gelten. In Zeiten von Corona jedoch ist alles anders.
Die Jüdischen Filmtage finden nun zum zwölften Mal statt. Auf diese Feststellung legt Ellen Presser, Leiterin der Kulturabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Organisatorin der Filmtage, besonderen Wert: »Zwar haben sich die Struktur und der Rahmen der Jüdischen Filmtage wegen der Beschränkungen geändert, aber nicht ihre grundlegende Ausrichtung.«
vielfalt Diese ist indes einfach zu erklären. In dem Format, das über die Jahre Tausende Besucher ins Gemeindezentrum lockte, soll sich in erster Linie die ungeheure Vielfalt jüdischen Lebens widerspiegeln. Ellen Presser kann sich noch gut an das entscheidende Gespräch mit IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch erinnern, die die Idee für das cineastische Projekt hatte und die Kulturchefin mit deren Umsetzung beauftragte.
Ein Blick auf die lange Liste der Filme, die seitdem zu sehen waren und das gesamte Spektrum filmischer Darstellungsmöglichkeiten abdecken, liefert einen Hinweis darauf, wie aufwendig die Realisierung der Jüdischen Filmtage in organisatorischer Hinsicht ist. »Eigentlich fange ich gleich nach den Filmtagen mit der Organisation der nächsten Filmtage an«, sagt Ellen Presser.
Die Jüdischen Filmtage finden zum zwölften Mal statt.
Und als sie Anfang vergangenen Jahres erste Blicke in Richtung Jüdische Filmtage 2021 richtete und vorbereitende Gespräche führte, war das Corona-Problem noch ein abstrakter Faktor. Nur wenige Wochen später setzten Lockdown und Beschränkungen dann das gewohnte kulturelle Leben in der Gemeinde aus. Die Verlegung der Veranstaltungen ins Internet (www.ikg-live.de) waren die zwangsläufige Folge.
kapitulation An eine Kapitulation der Filmtage wegen der Corona-Krise und ihres kaum vorhersehbaren Verlaufs haben Ellen Presser und die Verantwortlichen der IKG nie gedacht. Auch hier wird das Online-Format der Gemeinde ausgiebig genutzt. Zwar sind die Filmtage diesmal nicht – wie in der Vergangenheit – auf drei bis vier Wochen komprimiert, aber die durchgehende Thematik und begleitende Gespräche mit den Filmschaffenden sollen auch online beibehalten werden.
»Einmal im Monat«, benennt Ellen Presser das Ziel, »soll ein Beitrag im Rahmen der Jüdischen Filmtage gezeigt werden.« Im Stillen hofft sie aber, dass die Corona-Pandemie schnell zu Ende geht und wieder normale Verhältnisse herrschen – mit Filmvorführungen vor Publikum beispielsweise.
Ungeachtet aller Widrigkeiten hat Ellen Presser in bewährter Weise ein ausgesprochen abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, auch wenn die einzelnen Termine noch nicht genau feststehen. Im Februar etwa, das ist fest geplant, wird es eine Dokumentation über Mrs. G., die Gründerin des Bademoden-Labels Gottex, Lea Gottlieb, sein.
protagonistin Eine andere, nicht minder bekannte Protagonistin der diesjährigen Filmtage ist Sex-Beraterin Ruth Westheimer in der Filmdoku Ask Dr. Ruth. Jesse Eisenberg als Marcel Marceau und Matthias Schweighöfer in der Rolle von Klaus Barbie prägen den Film Resistance unter der Regie von Jonathan Jakubowicz. Zum geplanten Programm gehören zum Beispiel auch die Dokumentation über Das Zelig, das Zeitzeugen-Café im Restaurant Einstein, und Die Schachnovelle nach einer Erzählung von Stefan Zweig.
Einen kleinen Vorgeschmack auf die Filmtage 2021 und einen Einblick auf ihre zwölfjährige Geschichte mit Zitaten, Filmszenen und Requisiten gibt ab Mitte Januar ein Showroom im Schaufenster des ORAG-Hauses am Oberanger.