Expertinnen und Experten haben die Bedeutung von Volkshochschulen für lebenslanges Lernen gewürdigt. Über die Vermittlung von Wissen und Begegnungen könne beispielsweise auch Antisemitismus vorgebeugt werden. Sie äußerten sich auf einer online übertragenen Veranstaltung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes anlässlich des zu Ende gehenden Festjahres »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« in Berlin.
Aus Sicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, ist heutzutage lebenslanges Lernen wichtiger denn je. Schuster nannte in dem Zusammenhang etwa die Infragestellung von europäischen Werten, den Klimawandel sowie die Tatsache, dass derzeit so viele Menschen weltweit auf der Flucht seien wie nie zuvor.
Pandemie Solche Veränderungen und Entwicklungen könnten Menschen verunsichern. So erhielten Populisten mitunter reichlich Zustimmung, auch in Parlamenten. Ebenso erinnerte Schuster an Verschwörungserzählungen, die etwa auf Demonstrationen gegen staatliche Coronamaßnahmen verbreitet worden seien. Manches mute mittelalterlich an - ebenso, dass Juden zu Sündenböcken für vermeintlich Unerklärliches wie die Corona-Pandemie gemacht würden.
Schuster betonte: »Niemand, kein Kind, wird als Antisemit geboren.« Da entsprechende Prägungen schon in Schulen vonstatten gehen könnten, müsse in der Bildung angesetzt werden. In Volkshochschulen habe es in dem noch bis Mitte des Jahres laufenden Festjahres zahlreiche Veranstaltungen gegeben: Literatur, Kabbala, jiddische Sprache, koschere Küche, Hochschulwesen.
So könnten Menschen Judentum in seiner Vielfalt kennenlernen. Schuster gab zu bedenken: Einerseits müsse die Erinnerung an die Schoa, die Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg, wachgehalten werden. Andererseits müsse verhindert werden, dass Juden ausschließlich als »Phänomen« und Opfer wahrgenommen würden.
Nahost Es sei Aufgabe von Bildung zu vermitteln, dass jüdisches Leben mehr als Holocaust und Nahostkonflikt sei und Juden »handelnde Menschen« einer 1700-jährigen Geschichte seien, so Schuster. Dafür sei es unerlässlich, Juden und deren Perspektiven kennenzulernen. Auch in Integrationskursen solle entsprechendes Wissen vermittelt werden.
Die Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, betonte ebenfalls, dass die Volkshochschulen Wissen vermitteln und Orientierung geben wollten in verunsichernden Zeiten. Sie wollten auch Menschen auf der Flucht unterstützen, etwa mit Sprachkursen und Begleitung.
Derzeit hätten zahlreiche Menschen den Eindruck, dass es im Miteinander mehr Trennendes als Verbindendes gebe. Daher widmeten sich die Volkshochschulen der Frage, wie Vielfalt und Zusammenhalt trotz Herausforderungen gelebt werden könnten. Demokratie sei die beste, aber auch anstrengendste Staatsform und benötige »aktives Mittun«. Daher sei demokratische Bildung auch in den Volkshochschulen wichtig.
Erfahrungen Das Festjahr habe deutlich gemacht, wie facettenreich und vital jüdisches Leben schon immer war, ist und sein wird, sagte die Präsidentin. Ein Voranschreiten in diesem Sinne sei nötig. Auch Sylvia Löhrmann, Generalsekretärin des Vereins »321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, der das Festjahr initiiert hatte, hofft, dass Wissen und Erfahrungen im Festjahr nachhaltig wirkten. Schuster sagte, dass Festjahr habe gezeigt, dass Juden keine »Exoten«, sondern Bestandteil der Gesellschaft seien.
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