Es erklingt eine Ballade von Chopin im großen Saal des ehemaligen »Richterheims«. Am Klavier sitzt Elena Shoychet, eine von knapp 60 Stipendiaten der Gerhard-C.-Starck-Stiftung. Ihre Finger huschen elegant über die Tasten. Und während das Publikum für einige Momente verstummt und der Musik lauscht, wird vor allem den Jugendlichen bewusst: Es ist ein ganz besonderes Privileg, gerade an diesem Abend mit diesen Menschen hier an diesem Ort sein zu dürfen.
chancen Der Ort Fischbachau bei München ist bereits zum zweiten Mal in Folge Treffpunkt für die Stipendiaten und den Vorstand der Stiftung. Die neu eingeführte jährliche Zusammenkunft soll zur Tradition werden, das wünschen sich die Stipendiaten. Die Jugendlichen kommen aus ganz Deutschland, einige von ihnen hat es jedoch ins Ausland verschlagen wie Ela Nägele – Studentin der amerikanischen Yale University. »Die Stiftung hat mir dieses Studium ermöglicht«, sagt Ela. »Ohne die Unterstützung wäre das alles nicht machbar gewesen.« Sie studiert Geschichte und Philosophie und gehört damit zur Gruppe der Geisteswissenschaftler – der eher kleineren Gruppe der Stipendiaten. Naturwissenschaftler sind häufiger vertreten.
Doch so unterschiedlich die Fächer der Stipendiaten auch sind – alles passt hier zusammen, wie kleine Bausteine einer vielseitigen Gesellschaft. Die Seminare am zweiten Tag und die anschließend vorgestellten Ergebnisse sind der Beweis dafür: Man ergänzt sich und trägt zum großen Ganzen bei, lernt voneinander. »Wann sonst erfahre ich so viel über Physik oder die Geschichte Persiens?«, fragt die ehemalige Medizinstudentin Miriam Kaminski.
Reise So verschieden wie die Fachrichtungen der Studenten waren auch die Vorträge der diesjährigen Referenten: »Die Organisation der jüdischen Gemeinden nach dem Zweiten Weltkrieg« – Johann Schwarz, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums und Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, erzählte aus der Vergangenheit der Großeltern und Eltern der meisten Anwesenden. Es folgte eine Reise durch die Medizingeschichte mit dem israelischen Chemiker und Nobelpreisträger Aaron Ciechanover.
Gegensätzlicher hätten die Themen der Referenten nicht ausfallen können, unterschiedlicher könnten die Interessen der Studenten nicht sein. Doch gerade Vielfältigkeit umschreibt die Gruppe der Stipendiaten so zutreffend wie kaum ein anderes Wort. Schnell entsteht der Eindruck, dass die Stiftung bemüht ist, gerade das zu fördern: das Engagement von jungen Juden in Deutschland, die sich in allen Bereichen der Gesellschaft, sei es im Bereich Medizin, Forschung, Politik oder im Bildungswesen, aktiv und motiviert einbringen.
Auszeichnung Bevor Elena Shoychet am Abend gemeinsam mit den anderen Musikern die Bühne betritt, wird Rolf Friedman der Titel des Ehrenvorstands der Stiftung verliehen. Er hat zusammen mit der Namens- und Geldgeberfamilie Starck die Stiftung gegründet. Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Stiftung wirkt stolz bei seiner Rede: »Mir scheint, dass wir die Richtigen aussuchen und Gutes geleistet haben.«
Und als Elena den allerletzten Ton der Chopin-Ballade spielt, folgt der Applaus: nicht nur für Elenas virtuose Leistung, sondern für alle Anwesenden – sie haben eindeutig Gutes geleistet.