Dieser Stein hätte ihm bestimmt gefallen. Seit Kurzem erinnert ein 2,5 Tonnen schwerer Migmatit mit der Aufschrift »Max Hilzheimer 1877 bis 1946, erster Naturschutzkommissar der Berliner Stelle für Naturdenkmalpflege, Verfolgter des Naziregimes« an das Schicksal von Berlins erstem Naturschutzbeauftragten.
Der Findling liegt im Schutzgebiet Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ. Ein Gebiet, in dem viele Spaziergänger und Naturbegeistere unterwegs sind – ganz im Sinne von Max Hilzheimer, der schon in den 30er-Jahren dafür plädierte, dass auch Stadtmenschen die Chance bekommen, sich für die Natur zu begeistern, sagt Michael Gödde, Leiter des Referats Naturschutz, Landschaftsplanung und Forstwesen, der zusammen mit seinem Team den Stein ins Rollen gebracht hat.
AUFARBEITUNG Gödde hatte bei einer Ausstellung der Berliner Naturschutzstelle, die sich 2007 mit einer kritischen Aufarbeitung der Geschichte der Berliner Naturschutzbeauftragten auseinandersetzte, von dem Zoologen und Umweltschützer Hilzheimer erfahren.
Im Januar jährt sich dessen Todestag zum 75. Mal. »Max Hilzheimer war mit seinem Verständnis von und seinem Engagement für den Naturschutz seiner Zeit weit voraus. Umweltbildung war für ihn der Schlüssel für erfolgreichen Naturschutz«, betont die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther.
Ein besseres Verständnis der Natur führt zu einem respektvolleren Umgang mit ihr, war seine Überzeugung.
Dabei sei er überzeugt gewesen, dass ein besseres Verständnis der Natur zu einem respektvolleren Umgang mit ihr führen werde. Hilzheimer gelte als Wegbereiter für zahlreiche Schutzgebiete in Berlin, die bis heute für die Erholung der Menschen und den Artenschutz gleichermaßen wichtig seien. »Sein Werk lebt weiter«, sagt Günther.
Den Gedenkstein schuf die Steinmetzin Anne Schulz. Ein Quellcode, der mit der Webseite der Senatsumweltverwaltung verlinkt ist, führt zu Max Hilzheimers Biografie.
SCHUTZGEBIETE 1877 wurde Hilzheimer in Kehnert bei Stendal geboren, besuchte die Gymnasien in Potsdam und Seehausen, studierte in München und Straßburg. Er galt als international bekannter Zoologe. 1914 übernahm er nach seiner Promotion und Habilitation eine Stelle am Märkischen Museum in Berlin, wurde 1923 Direktor der naturkundlichen Abteilung.
Unter seiner Leitung nahm 1927 die ehrenamtliche »Berliner Kommission für Naturdenkmalpflege« ihre Arbeit auf. Im Vorfeld hatte er bewirkt, dass darin nicht nur Behördenvertreter, Naturschützer und Naturwissenschaftler, sondern auch zivilgesellschaftliche Kräfte eingebunden wurden.
Ihm ist es zu verdanken, dass 1924 die ersten beiden Berliner Naturschutzgebiete Lichterfelder Schlosspark und die Pfaueninsel ausgewiesen wurden.
1928 berief man ihn zum ersten Kommissar für Naturdenkmalpflege Berlin. Er habe gewusst, dass er den Naturschutz in der Metropole Berlin anders aufstellen musste. Für einen wirksamen Naturschutz sollten nicht nur Schutzgebiete ausgewiesen werden, sondern auch das Bewusstsein der Menschen sollte sich ändern, damit sie respektvoll mit der Natur umgehen.
CREDO Hilzheimers Credo war, dass sich Menschen in und außerhalb von Berlin erholen und die freie Natur ebenso wie die Stadtnatur genießen können. Ihm ist es zu verdanken, dass 1924 die ersten beiden Berliner Naturschutzgebiete Lichterfelder Schlosspark und die Pfaueninsel ausgewiesen wurden.
In den folgenden Jahren gelang es Hilzheimer, die Grundlagen für die Ausweisung weiterer zahlreicher Schutzgebiete zu legen: den Großen Stein bei Buchholz, den Faulen See in Weißensee, den Köpenicker Dammforst, die Vogelfreistätte Insel Imchen bei Kladow, das Vogelschutzgebiet Rudow sowie Teile des Spandauer Forstes.
Ab 1933 durfte Hilzheimer nicht mehr an der Universität unterrichten, 1936 verlor er seine Anstellung und sein Ehrenamt.
Ab 1933 durfte Hilzheimer nicht mehr an der Universität unterrichten, 1936 verlor er sowohl seine Anstellung im Märkischen Museum als auch sein Ehrenamt als Naturschutzkommissar. Naturschutz- und Wissenschaftskreise ließen ihn einfach fallen. Ab 1937 drangsalierten ihn die Nazis mit Wohnungskontrollen und Sanktionen.
Seine katholische Frau verhinderte mit großem Mut die Deportation. Wenige Monate nach Kriegsende starb Hilzheimer in Berlin. Seine Verdienste wurden von zeitgenössischen Naturschützern nach 1945 negiert, sein Lebenswerk geriet in Vergessenheit. Das soll sich nun ändern.