Was macht eigentlich einen Film zu einem jüdischen Film? Alles, was nicht langweilig ist, ist jüdisch. Das muss als Antwort genügen, eine tatsächliche Definition wird wohl eher ausbleiben.
Zumindest aber einen Eindruck kann man sich ab dem 13. Juni selbst verschaffen. Zum bereits 29. Mal werden vom 13. bis 18. Juni »Jewcy Movies« gezeigt. Das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg (JFBB) präsentiert sechs Tage lang 64 Filme quer durch alle Genres.
Die Filme geben Einblick in die Vielfalt und Komplexität jüdischer Kultur und jüdischen Lebens. Das Besondere: Die Filme wurden vor dem Festival weder im Kino noch im Fernsehen oder bei Streaming-Diensten gezeigt. Alle 64 Filme feiern in diesen Tagen ihre Deutschland-Premiere. Nach den Vorführungen wird es für das Publikum zudem die Möglichkeit geben, mit den Machern über ihre Werke zu diskutieren.
kulturetat Kurz vor Beginn des letzten Filmfestivals gab es eine gute Nachricht: Das JFBB werde künftig vom Bund gefördert, erklärte Kulturstaatsministerin Claudia Roth. 120.000 Euro gingen in diesem Jahr somit zum ersten Mal direkt aus dem Kulturetat des Bundes an das Festival. Schirmherrin ist dieses Jahr dementsprechend ebenfalls erstmalig Claudia Roth.
Dem Festival ist es ein Anliegen, die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten und ein Zeichen gegen Judenhass zu setzen. In jedem Jahr wird das eigentliche Programm ergänzt durch vier Spezialreihen, in diesem wird eine Hommage dem Schoa-Überlebenden Jack Garfein gewidmet. Zum 75. Geburtstag Israels werden zudem verschiedene Filme aus der vielfältigen Geschichte des Landes gezeigt.
Darunter etwa Welcome and … our condolences von Leon Prudovsky aus dem Jahr 2012 – ein klassische Familienchaos. Niemand versteht in dem Film niemanden. Und die Bürokratie der Einwanderungsbehörden macht es der russischen Familie auch nicht unbedingt leichter, in Israel anzukommen. Durch die Augen eines Zwölfjährigen erzählt der Film die Komik und Tragik der Einwanderung einer Familie in den 90er-Jahren.
überleben Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Moshe Shamir von 1947 schildert He walked through the fields die Geschichte eines jungen Manns, der sich dem Kampf und dem Überleben des jungen Staates verschrieben hat. Des Weiteren werden zusätzlich zum eigentlichen Programm »Jewcy Horror Movies« und eine Reihe kanadischer Filme zu sehen sein. Und auch in diesem Jahr werden wieder vier Preise für den besten Spielfilm, den beeindruckendsten Dokumentarfilm, den interkulturellen Dialog und für den filmischen Nachwuchs vergeben.
Where life begins erzählt die Geschichte einer jungen Jüdin, die ihr vorbestimmtes Leben hinterfragt. Die 26-jährige Esther ist Tochter einer orthodoxen französischen Familie. Jeden Sommer macht die Familie Urlaub in Süditalien. Dort freundet sie sich mit dem Besitzer einer Obstplantage an und fängt an, sich Freiheiten zu nehmen, die ihr bislang untersagt waren.
Filip erzählt eindrucksvoll vom Überleben. Der Warschauer Jude Filip entkommt dem Ghetto, gibt sich als Franzose aus und arbeitet als Zwangsarbeiter in einem Frankfurter Hotel. Der Film vom polnischen Regisseur Michal Kwiecinski zeigt, wie Menschen unter den Umständen des Nationalsozialismus versucht haben, ihrem Schicksal zu entrinnen.
dokumentation Der Dokumentarfilm Knock on the door von Ohad Milstein und Aya Elia thematisiert die »Engel des Todes«: Offiziere der israelischen Streitkräfte, die den Familien getöteter Soldaten die traurige Nachricht überbringen müssen.
1995 wurde das Festival von Nicola Galliner im Rahmen der Kulturarbeit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gegründet. Heute gehört es zu den ältesten und größten jüdischen Filmfestivals Europas. Galliners Anliegen war es, jüdisches Leben und jüdische Kultur als das abzubilden, was sie sind: höchst lebendig.