Der Antisemitismus-Beauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, hat auf wachsende Angst unter Jüdinnen und Juden in der Stadt hingewiesen. »Die Stimmung bei uns ist generell sehr angespannt. Viele Jüdinnen und Juden haben Angst, dass sie angegriffen werden könnten«, sagte er der Tageszeitung »Rheinische Post«.
»Dass Häuser, in denen Juden wohnen, in Berlin mit dem Davidstern markiert werden, hat eine völlig neue Dimension«, so Königsberg. »Es ist das erste Mal überhaupt seit der Nazi-Herrschaft, dass das in Deutschland wieder passiert. Es erinnert meine Gemeinde sehr stark an die schreckliche Zeit, als die Nazis Millionen Juden ermordeten«, sagte der Vertreter der Jüdischen Gemeinde. »Damals begann es mit dem Davidstern an Wohnungen und Schaufenstern, dann mussten die Sterne an die Kleider angenäht werden, und es endete in den Gaskammern.«
Juden tragen keine Kippa mehr
Die Bedrohungslage in Berlin habe sich in den vergangenen zwei Wochen massiv verschärft. Das habe Folgen auf das Verhalten der Juden: »Sie tragen auf der Straße keine Kippa mehr, sie lesen nicht in hebräischen Büchern oder anderen hebräischen Medien.« Viele trauten sich nicht mehr, in der Öffentlichkeit hebräisch zu sprechen.
Die Jüdische Gemeinde versuche, dagegen zu halten. »Als Jüdische Gemeinde starten wir jetzt die Aktion »We protect jewish lives« mit dem gleichnamigen Hashtag auf Facebook«, sagte Königsberg. »Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich solidarisch mit ihren jüdischen Freunden und Mitbürgern zu zeigen.«
»Die Politik steht glaubwürdig an unserer Seite. Auch viele Menschen bekunden ihr Mitgefühl. Letzte Woche etwa hat sich eine Menschenkette vor der angegriffenen Synagoge in Berlin formiert. So etwas tut uns gut«, sagte der Antisemitismus-Beauftragte. »Aber bei vielen Kommentaren, zum Beispiel in den sozialen Medien, läuft es einem kalt den Rücken runter. Eine häufige Reaktion dort ist ein »Ja, aber«. Nach dem Motto: Es sei ja schlimm, was da passiert ist, aber Israel sei auch selbst schuld.« dpa