Berlin

»Verzerrt und fehlerhaft«

Was fehlt: die Beschäftigung mit dem modernen Israel im Unterricht Foto: imago

Am heutigen Dienstag wurden im Rathaus Wilmersdorf die ersten Ergebnisse einer breit angelegten Untersuchung der deutsch-israelischen Schulbuchkommission vorgestellt. Der Historiker und Judaist Dirk Sadowski präsentierte zum Teil ernüchternde Befunde. Gemeinsam mit seinem israelischen Kollegen Arie Kizel koordiniert der wissenschaftliche Mitarbeiter am Braunschweiger GEI die Deutsche-Israelische Schulbuchkommission.

Präsentiert wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Tagung, die von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und dem Bildungsministerium Brandenburg zusammen mit dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg, dem American Jewish Committee, der Botschaft des Staates Israel in Kooperation mit Yad Vashem sowie dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI) veranstaltet wurde.

Schwachstellen Das bilaterale Gremium wurde im Jahr 2010 auf Initiative des damaligen israelischen Gesandten Ilan Mor eingesetzt und soll bis 2015, zum 50. Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen (West-)Deutschland und Israel, Empfehlungen für künftige Schulbücher erarbeiten. Die Untersuchung existierender Materialien – es wurden auf deutscher Seite insgesamt 424 Schulbücher für die Fächer Geschichte, Geografie und Sozialkunde aus den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen unter die Lupe genommen – brachte eine Menge »Fehler« und »Schwachstellen« zutage, sagte Sadowski.

So sei vor allem in vielen Geschichts- und Sozialkundebüchern eine »Engführung auf den israelisch-palästinensischen Konflikt« zu beobachten. Zusammenhänge würden »verkürzt« und »verflacht«, andere Akteure im Nahen Osten nur unzureichend beleuchtet. Israel werde vor allem als »Krisenstaat« dargestellt, die Normalität des Landes als Zivilgesellschaft, als Demokratie und Rechtsstaat, seine technologischen Errungenschaften und auch seine heutigen Beziehungen zu Deutschland kämen allenfalls am Rande vor.

Schlimmer noch: Erste Erkenntnisse zeigten, dass sich viele Schulbücher beim Thema Israel einer polarisierenden und emotionalen Bild- und Textsprache bedienten – etwa wenn auf Fotos Steine werfende Jugendliche die palästinensische und bewaffnete Soldaten die israelische Seite repräsentierten. Zwar bemühten sich die meisten Bücher um eine ausgewogene Darstellung, andererseits enthielten sie oft schon ganz simple sachliche Fehler.

Diskrepanz Auch der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman wünscht sich eine stärkere Berücksichtigung des modernen Israel in den Schulbüchern. In seinem Grußwort betonte der Diplomat, dass nach seinem Eindruck das Interesse in Deutschland zwar groß sei, es aber zu oft eine Diskrepanz zwischen der israelischen Realität und ihrer Darstellung in deutschen Schulbüchern und Medien gebe.

Die verzerrte Darstellung in deutschen Medien könnte auch ein Grund für das oft schiefe Israelbild in der öffentlichen Wahrnehmung sein – das auch dem einen oder anderen Tagungsteilnehmer anzumerken war. Andere verwiesen auf die begrenzte Nützlichkeit der deutschen Perspektive in den Schulbüchern, wenn sie Klassen unterrichteten, die fast ausschließlich aus Schülern mit arabischem Migrationshintergrund bestünden.

Dirk Sadowski verwies darauf, dass das Vorgehen der Kommission schon aus Kapazitätsgründen rein »hermeneutisch« sei, sich also auf die reine Analyse der Texte beschränke. Was im Unterricht mit den Büchern passiere, wie die Texte rezipiert würden, sei gewissermaßen ein »Mysterium«.

Um dieses Mysterium zu lüften und die Ergebnisse der Kommission mit den Erfahrungen von Lehrkräften im Unterricht rückzukoppeln – daran wurde bei der Tagung in Kleingruppen gearbeitet. Klar ist schon jetzt, dass noch viel mehr solcher Schritte gebraucht werden.

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025

Essen

Vier Tage durch die Stadt

Der Verein Kibbuz Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung führte 20 Jugendliche einer Gesamtschule an jüdische Orte. Die Reaktionen überraschten den Projektleiter

von Stefan Laurin  09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025

Magdeburg

Staatsvertrag zur Sicherheit jüdischer Gemeinden geändert

Die Änderung sei durch den Neubau der Synagogen in Magdeburg und Dessau-Roßlau vor rund zwei Jahren sowie durch zu erwartende Kostensteigerungen notwendig geworden

 09.07.2025

Berliner Philharmonie

Gedenkfeier für Margot Friedländer am Mittwoch

Erwartet werden zu dem Gedenken langjährige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde Friedländers sowie Preisträgerinnen und Preisträger des nach ihr benannten Preises

 08.07.2025