Mitzvah Day

»Ein Vertrauensbeweis für die Zukunft«

Helfen mit Herz und Hand: Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, zieht eine positive Bilanz des diesjährigen Mitzvah Day. Er freue sich über das starke Engagement der jüdischen Gemeinschaft für die Zivilgesellschaft: »Das ist ein Vertrauensbeweis für die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland«, sagte Schuster am Sonntag in Berlin.

In ganz Deutschland engagierten sich jüdische Gruppen in rund 130 sozialen Aktionen in 45 Städten, um sich für das gesellschaftliche Miteinander einzusetzen. Mehr als 3000 freiwillige Helfer beteiligten sich. Wie in den Vorjahren fanden in zahlreichen Städten Aktionen für Senioren, behinderte sowie bedürftige Menschen statt. Der Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf Umwelt-Projekten.

Vorbereitung Der Zentralrat der Juden koordiniert den bundesweiten Mitzvah Day seit sieben Jahren und unterstützt die Gemeinden und Gruppen in der Vorbereitung ihrer Projekte. Erstmals machte der Tag der guten Taten in diesem Jahr im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf Station. Dort besuchte Zentralratspräsident Schuster die Spielplatzinitiative »Wicke«, wo Kinder aus verschiedenen Herkunftsländern und Religionen tagtäglich miteinander spielen, reiten und basteln können.

Der Zentralrat der Juden koordiniert den bundesweiten Mitzvah Day seit sieben Jahren und unterstützt die Gemeinden und Gruppen in der Vorbereitung ihrer Projekte.

Josef Schuster traf dabei auch auf Aktive, die er schon vor vier Jahren kennengelernt hatte, als der Mitzvah Day Geflüchteten beim Einleben in ihre erste Flüchtlingsunterkunft half und den geflüchteten muslimischen Frauen und Kindern einen bunten Nachmittag bereitete.

Signal Er wolle mit seinem Besuch ein Signal aussenden, »dass Menschen mit Menschen zusammenkommen und merken, dass wir eigentlich sehr ähnlich sind und in vielen Dingen auch ähnliche Sorgen und Probleme haben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass irgendwelche Zäune in Worten aufgebaut werden und sich auch in den Köpfen festsetzen, die gar nicht so hoch sind«, sagte Schuster.

2015 war der Mitzvah Day in die Notunterkunft gegangen, um zu zeigen, dass Menschen, die fliehen mussten, gerade das erlebt haben, was besonders jüdische Menschen in ihren Familiengeschichten kennen. Damit sollte auch das Signal gegeben werden, dass auch auf jüdischer Seite Flüchtlinge – egal woher sie kommen – hier willkommen sind.

»Wenn wir hier heute gemeinsam sind, hat sich ein bisschen von dem Ansatz Tikkum Olam, die Welt ein bisschen besser zu machen, verwirklicht«, sagte Schuster. Vier Jahre später sei sicherlich nicht alles nur grün und strahlend, vieles sei Normalität geworden. »Und das ist gut so«, sagte Schuster.

Nachbarn Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Die Linke) bekannte, dass sie die Idee das Mitzvah Day »sehr charmant« findet. »Wenn Menschen gemeinsam etwas geschaffen haben, können sie sich später daran erinnern.« Insofern bestehe der Nutzen dieses Projektes vor allem auch in der Nachhaltigkeit. Dass sich Menschen arabischer und jüdischer Herkunft mit den Nachbarn treffen, stelle Marzahn als Ort der Vielfalt gelungen unter Beweis.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) war zum Umweltspielplatz gekommen und lobte die Mitzvah-Day-Initiative als gutes Beispiel gelebter Demokratie und Gemeinschaftsarbeit.

Sie bedankte sich ausdrücklich bei der Ideengeberin und den Akteuren des Film- und Integrationsprojekts »R.future-TV: Flüchtlinge für Demokratie und Menschenrechte«, die als Kulturvermittler arbeiten und an diesem Tag in Marzahn-Hellersdorf mit angepackt und geholfen haben. In den Dank stimmte auch der Antisemitismusbeauftragte von Berlin, Lorenz Korgel, ein: »Super, dass ihr das macht.«

»Wenn wir hier heute gemeinsam sind, hat sich ein bisschen von dem Ansatz Tikkum Olam, die Welt ein bisschen besser zu machen, verwirklicht«, sagte Schuster.

Hausherr Matthias Bielor stellte sein Projekt vor, das am Vortag gerade seinen 29. Geburtstag feierte und damit zu den ältesten interkulturellen Einrichtungen Berlins gehört. Auf dem Gelände an der Schorfheidestraße befinden sich verschiedene Hütten, ein Garten mit Komposthaufen, ein Umwelthaus mit dem größten freistehenden Lehmofen Berlins und Brandenburgs.

Die Idee des Mitzvah Day unter dem Motto »Mit Herz und Hand« war es, den Garten winterfest zu machen. Dazu gehörte, den Kompost umzuschichten, einen Lehmofen zu bauen, und verschiedene Aufräumarbeiten. Rund 40 Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus Migrationsgruppen, aber auch aus der Nachbarschaft halfen dabei mit.

Ein stärkendes Frühstück aus Hummus und Brot sollte für die nötigen Kräfte sorgen, um mit anpacken zu können. Eine Gemüsesuppe, über dem offenen Feuer gegart, sorgte für die notwendige Wärme bei dem nasskalten Wetter.

 

Interview

»Wo immer wir gebraucht werden – wir sind da«

Rabbiner David Geballe über Seelsorge in der Bundeswehr und die Vermittlung von Wissen

von Helmut Kuhn  04.02.2025

Porträt der Woche

Frau der ersten Stunde

Avital Toren wurde vor 30 Jahren gebeten, die Gemeinde in Heilbronn aufzubauen

von Gerhard Haase-Hindenberg  02.02.2025

Hamburg

»Wir sind dran!«

Von Klimawandel bis jüdische Identität: Der Jugendkongress 2025 verspricht vier intensive Tage

von Florentine Lippmann  02.02.2025

Leer (Ostfriesland)

Schoa-Überlebender Weinberg will mit Steinmeier sprechen

Nach seiner Ankündigung, das Bundesverdienstkreuz abzugeben, hat der fast 100-jährige Zeitzeuge ein Gesprächsangebot des Bundespräsidenten angenommen

 31.01.2025

Berlin

Jüdische Stimmen zur Asyl-Abstimmung: Ein Überblick

Wie blicken Juden auf den Vorwurf, die CDU reiße die Brandmauer zur AfD ein? Wir haben uns umgehört

von Imanuel Marcus  30.01.2025

Bildung

Das beste Umfeld

Zwar beginnt das neue Schuljahr erst nach dem Sommer, doch schon jetzt fragen sich Eltern: Welche Schule ist die richtige? Gespräche mit Schulleitern über Wartelisten, Sprachniveau und Traditionen

von Christine Schmitt  30.01.2025

München

Fit fürs Finale

Beim Vorentscheid zum »Chidon Hatanach« in Jerusalem wurde wieder jede Menge religiöses Wissen abgefragt

von Luis Gruhler  30.01.2025

Rostock

Den Vorhang auf

Seit vielen Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde eine Theatergruppe. Ein Besuch bei den Proben für »Kalif Storch« im Kulturhistorischen Museum

von Katrin Richter  29.01.2025

Dachau

Igor Levit für neue Instrumente der Erinnerungsarbeit

»Wenn man dieses »Nie wieder« ins 21. Jahrhundert übersetzen will, müssen wir uns gewaltig anstrengen«, so der Pianist

 29.01.2025