»Verantwortung zeigen, nicht nur versprechen, sondern handeln!« Diesen Appell hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, an die Vertreter der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland gerichtet.
Als Gast einer Soiree im katholischen »Haus am Dom« in Frankfurt wandte sich Graumann am Donnerstagabend entschieden gegen den Antisemitismus vor allem unter männlichen muslimischen Jugendlichen, für die es ganz normal sei, andere auf dem Schulhof oder Fußballplatz als »Jude« zu beschimpfen. Seiner Meinung nach würden die Verantwortlichen in den muslimischen Verbänden zu wenig gegen diese weit verbreitete, feindselige Haltung unter jungen Muslimen tun.
heterogen »Es gibt diesen Antisemitismus im Islam, aber Sie werden keine vergleichbaren antimuslimischen Ressentiments bei jüdischen Jugendlichen finden«, betonte der Zentralratspräsident. Gleichzeitig räumte Graumann ein, dass die muslimische Gemeinschaft in Deutschland äußerst heterogen sei. Insgesamt leben circa 4,5 Millionen Moslems in Deutschland. Es gibt mehrere, miteinander konkurrierende Verbände, die allerdings wiederum nur ungefähr ein Viertel aller Gläubigen repräsentieren – im Gegensatz zum Zentralrat, der 95 Prozent der jüdischen Bevölkerung in der Bundesrepublik vertrete.
Der Zentralrat dürfe zwar »den Nahostkonflikt kommentieren, den Papst kritisieren, aber in die Belange der jüdischen Gemeinden dürfen wir uns nicht einmischen. Diese sind und bleiben autonom«, betonte Graumann. Diese strikte Trennung zwischen Religion und Politik vermisse er bei der Selbstorganisation der islamischen Verbände.
spannungen Die Ursache für die nach wie vor spürbaren Spannungen zwischen Juden und Moslems in Deutschland ist seiner Meinung nach deutlich zu erkennen: »Der Nahostkonflikt trennt uns.« Aber, so wandte sich Graumann an die Vertreter des Islam: »Wir müssen diesen Konflikt nicht in Deutschland lösen. Vielmehr sollten wir versuchen, hier vernünftig miteinander zu leben.« Doch könne diese Haltung nicht von oben diktiert werden: »Das muss von unten wachsen, das muss bei den Kindern anfangen.« Wichtigste Voraussetzung dafür sei, »dass wir uns besser kennenlernen«, hob der Zentralratspräsident hervor.
In sehr persönlich gehaltenen Worten schilderte Dieter Graumann, wie sehr ihn der frühere, 1999 verstorbene Zentralratsvorsitzende Ignatz Bubis in dieser Haltung beeinflusst habe. So sei Bubis als einer der Ersten Anfang der 90er-Jahre nach Rostock, Mölln und Hoyerswerda gereist, um sein Mitgefühl für die Opfer ausländerfeindlicher Angriffe zu bekunden. Bubis hatte damals öffentlich mehr Respekt gegenüber den muslimischen Bürgern Deutschlands eingefordert.