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Integration

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Bei den elektronischen Medien sind junge Menschen klar im Vorteil. In anderen Bereichen wünschen sie sich ihrerseits Hilfe. Foto: Getty Images

Die Angebote in den Gemeinden sind für junge Juden beträchtlich. Im Idealfall reichen sie vom Kindergarten über die Schule bis hin zum Jugendzentrum. Danach klafft allerdings eine Lücke, besonders dann, wenn die jungen Leute für Studium oder Ausbildung in eine andere Stadt ziehen.

In den Gemeinden wurde das Problem durchaus erkannt. »Wir haben das Thema bisher vernachlässigt«, sagt beispielsweise Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Gemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen, und verspricht: »Wir werden es mit dem Rabbiner zeitnah angehen.«

Anbindung Was die Anbindung an die Gemeinden betrifft, haben junge Leute sehr klare Vorstellungen. Victoria Anikonova ist eine der Mitgründerinnen der Jüdischen Hochschulgruppe (JHG) in Düsseldorf. »Als Student hat man keinen Bezug zur Gemeinde, wenn man ihn nicht aktiv sucht, dazu braucht man Ansprechpartner auf dem Campus«, sagt Anikonova. Ein großer Wunsch wäre, »dass die Gemeinden Studierenden praktisch helfen, also erklären, wie man Events organisiert und mit vorhandenen Strukturen arbeitet. Nach dem Motto: ›Wir erklären euch das, und ihr macht das dann.‹ Das wäre auch nachhaltig.«

Junge Leute wünschen bei der Organisation Hilfe von den Gemeinden.

Ein wohl eher utopischer Traum wäre es, »wenn es jüdische Studentenwohnheime oder Wohngemeinschaften in der Nähe der Gemeinden geben würde. Sie liegen ja meistens in der Innenstadt, also dort, wo die Mietpreise am höchsten sind, und damit weit weg von den Gegenden, die sich Studenten leisten können«.

Eigene Räume in der Uni hat die Jüdische Hochschulgruppe nicht, »nur Platz in einem Regal im Kopierraum«. Die Gruppe beteiligt sich nicht nur am interkulturellen und interreligiösen Dialog, sondern macht auch eigene Veranstaltungen und stellt sich unter anderem am »Tag der Studierendenschaft« mit einem eigenen Stand vor.

Jüdische Gemeinden in den Universitätsstädten seien bisher »nicht sehr studentenorientiert, das ist durchaus ein Kritikpunkt«, sagt Victoria Anikonova. Für junge Leute gebe es nicht viele Mitsprachemöglichkeiten. »Es wird gern darauf verwiesen, dass sie ja an den Gemeindewahlen teilnehmen können, aber die sind alle vier Jahre, und ein Studium dauert meistens nur drei.«

Angebote Arthur Bondarev kennt das Problem aus mehreren Blickwinkeln: Drei Jahre lang war er im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Konstanz zuständig für junge Menschen. Als Student in Manchester, wo er anfangs niemanden kannte, machte er die Erfahrung, wie hilfreich die von der dortigen Gemeinde gemachten Angebote für junge Juden waren. Und nun arbeitet er für den deutschen Ableger der internationalen jüdischen Studentenorganisation »Morasha«.

In Großbritannien hat eine Studentengemeinde die Synagoge zum Lernzentrum gemacht.

In Großbritannien profitierte Bondarev von einer Idee, die er nun in Deutschland umzusetzen versucht: In Manchester wird eine Synagoge komplett von Studierenden geleitet, unterstützt werden sie von einem durch die Universität bezahlten Rabbiner. Während sich die Studenten auf Prüfungen vorbereiten, wird diese Synagoge tagsüber zum Lernzentrum. Die jüdischen Studenten erhalten dort dreimal täglich koscheres Essen.

»Diese Idee haben wir zum Olami-Kongress getragen. Dort gab es einen Ideenwettbewerb, bei dem man Vorschläge zur besseren Verbindung des studentischen Lebens mit den Gemeinden einreichen konnte – und diese Idee gewann einen der Preise. In Hamburg und Düsseldorf sollen die Pilotprojekte durchgeführt werden. Wenn das Konzept in Deutschland funk­tioniert, soll es auch in anderen Städten und Ländern erprobt werden. »Unser Konzept sieht auch einen kurzen Schiur während der Mittagspause, also sozusagen seelische Nahrung vor.«

bundesweit Gerade die kleineren Gemeinden zögerten oft, junge Leute einzubinden, weil diese erfahrungsgemäß nach dem Ende des Studiums wieder wegziehen. Das sei zu kurz gedacht, findet Bondarev. »Ein bisschen globaler beziehungsweise bundesweiter und mehr im Hinblick auf die jüdische Gemeinschaft generell zu denken, ist wichtig. Denn die jungen Leute mögen zwar nur eine begrenzte Zeit vor Ort bleiben, aber wenn sie sich dort wohl und angenommen fühlen, werden sie in der nächsten Stadt wieder Anschluss an die Gemeinde suchen, und damit hat die gesamte Gemeinschaft gewonnen.«

Die Anwesenheit der jungen Leute kann die gesamte Gemeinde beflügeln.

In Konstanz machte Bondarev überdies die Erfahrung, dass »die Anwesenheit der jungen Leute die gesamte Gemeinde beflügelt«. Die älteren Leute zeigten plötzlich auch mehr Interesse daran, ins Gemeindezentrum zu kommen, weil die Stimmung eine andere, jüngere war. 50 Personen seien generationsübergreifend zum Kiddusch gekommen, »und sie tun es immer noch«.

Die Studierenden seien dann zwar wirklich irgendwann weggezogen, aber die älteren Gemeindemitglieder haben durch sie wichtige Anregungen bekommen, sagt Bondarev. Dass die jüngere Generation sich regelmäßig zum Schiur und Schabbat getroffen habe, habe bei den Älteren die Frage aufgeworfen: »›Wenn die sich treffen, warum machen wir das eigentlich nicht auch?‹ Und das haben sie dann auch getan, sie sind selbst aktiv geworden und haben das organisiert.«

Technik Ein weiterer Vorteil der verstärkten Einbindung junger Menschen in die Gemeinden sei ein besserer Umgang mit Technik. »Die ältere Generation hatte viele Sachen einfach nicht so auf dem Schirm, wie zum Beispiel größere Effizienz durch bessere Büroarbeit.« Bondarev nennt Beispiele: »Einfach mal das alte Word-Programm, das unter Umständen schon seit Jahrzehnten benutzt wird, aktualisieren. Kassenbücher statt in Word in Excel überführen. Eine eigene, moderne Webseite anlegen und damit eine seriöse Mailadresse. Und nicht zuletzt die Präsenz in den sozialen Medien wie Facebook und Instagram.«

»Wenn man junge Leute einbindet, bringen sie die Digitalisierung mit.« Arthur Bondarev

Gerade in kleineren Gemeinden, wo Zeit, Geld und Mitarbeiter knapp sind, könne die tägliche Arbeit viel effizienter vonstattengehen. »Ganz ehrlich, man kann die begrenzten Ressourcen doch besser nutzen, als mit einem Taschenrechner dazusitzen und Buchungsposten zu addieren. Wenn man junge Leute einbindet, bringen sie die Digitalisierung mit«, sagt Bondarev.

Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit und Anschluss seien weitere wichtige Themen, sagt Bondarev. Es gebe natürlich viele externe Programme für junge Leute, »aber wenn sie von der Schulung zurückkommen, muss eben auch der Anschluss da sein, sonst geht die Investition verloren«.

Fortgesetzt jüdische Bildung anzubieten, sei ein Punkt. »Eine Chanukka-Party reicht nicht, die Gemeinden haben meiner Meinung nach noch nicht erkannt, wie wichtig es ist, unsere Werte und Traditionen fortzuführen – Wachstum ist nicht Zuzug, sondern neues jüdisches Leben, also Kinder, die in jüdischen Familien geboren werden.« Vielen Jungverheirateten sei die Tradition zunehmend wichtig, »aber es gibt nicht viele Angebote für sie«.

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