München

Vergessene Pioniere

Eine Ausstellung widmet sich den Gründern der weltbekannten Bavaria Film, Isidor Fett und Karl Wiesel

von Ellen Presser  19.05.2022 09:03 Uhr

Plakat zum Film »Die große Wette«, 1916 Foto: Haidhausen-Museum

Eine Ausstellung widmet sich den Gründern der weltbekannten Bavaria Film, Isidor Fett und Karl Wiesel

von Ellen Presser  19.05.2022 09:03 Uhr

In der Ausstellung Jüdische Geschichten aus München und Oberbayern, deren Themen »Von A wie Abraham de Municha bis Z wie Zuwanderung« reichten und die im vergangenen Jahr von der Israelitischen Kultusgemeinde am Jakobsplatz gezeigt wurde, wurde unter dem Buchstaben »M« wie »Möhlstraße« einer ihrer Bewohner – Karl Wiesel – vorgestellt.

Nun ist ihm und seinem Geschäftspartner Isidor Fett im Haidhausen-Museum bis 30. Juni sogar eine eigene Schau gewidmet. Fett und Wiesel eröffneten 1912 nicht nur die »Lichtspiele am Max-Weber-Platz«, in Fetts vormaligem »Konfektionshaus für Herren- und Knabengarderobe«; sie gelten heute auch als Urväter der weltweit bekannten »Bavaria Film«.

recherchen Es ist das Verdienst des gebürtigen Haidhauseners und Leiters dieses Münchner Stadtteilmuseums, Hermann Wilhelm, die Geschichte zweier jüdischer Filmpioniere rekonstruiert zu haben. Bei seinen aufwendigen Recherchen hatte Wilhelm feststellen müssen: »Nach 1933 wurden ihre Namen aus Filmpublikationen zensiert – die beiden sind Opfer der NS-Geschichtsschreibung geworden.«

Isidor Fett und Karl Wiesel stammten beide aus Galizien. 1910 gründeten sie das erste Filmatelier in München, die »Bayerische Filmgesellschaft Fett & Wiesel«.

Isidor Fett und Karl Wiesel stammten beide aus Galizien. 1910 gründeten sie das erste Filmatelier in München, die »Bayerische Filmgesellschaft Fett & Wiesel«, und produzierten eigene Streifen, unter anderem mit Stummfilmstars wie Werner Krauß. Außerdem gehörten sie zu den Direktoren der EMELKA, der späteren Bavaria Film GmbH. Das »MLK« stand für Münchner Lichtspielkunst, die von sieben Unternehmen, darunter den Filmpionieren Fett und Wiesel, als Gegengewicht zur UFA in Berlin gegründet wurde.

Zum rasanten Aufstieg der beiden Kompagnons gehörte ferner die Gründung der Harry Piel Film Company GmbH. Das Jahr 1916 bescherte ihnen einen Welterfolg mit dem Stummfilmstar Harry Piel, der als Regisseur und Darsteller das Genre des Actionfilms erfand.

erfolg Der Erfolg spiegelte sich auch im Privatleben wider. Karl Wiesel zog 1922 in einen Neorenaissancebau in der noblen Möhlstraße, engagierte sich aber auch für die jüdische Gemeinde, insbesondere den ostjüdischen Synagogenverein »Linath Hazedek/Agudas Achim«, als dessen zweiter Vorsitzender er für den Bau der Synagoge in der Reichenbachstraße 27 maßgeblich Geld spendete.

1933 geht die Erfolgsgeschichte abrupt zu Ende. Isidor Fett stirbt, Karl Wiesel, seine Frau Ernestine und Sohn Julius fliehen 1938 nach der Zwangsenteignung ihrer Villa in die Schweiz. Ihr Haus in der Möhlstraße 9 wird zu einem sogenannten Judenhaus umfunktioniert. Die weitere Flucht auf dem Frachter »Navemar«, überladen mit mehr als 1000 Flüchtlingen, wird zur Todesfalle für Karl Wiesel. Er stirbt am 25. August 1941 an Bord an Typhus. Ellen Presser

Öffnungszeiten im Haidhausen-Museum, Kirchenstraße 24: Montag bis Mittwoch 17 bis 19 Uhr, Sonntag 14 bis 17 Uhr; begleitend zur Ausstellung ist der Band »Künstler, Kinos, Volkstheater. Kunst und Kultur in Haidhausen« erschienen.

Berlin

Hommage an jiddische Broadway-Komponisten

Michael Alexander Willens lässt die Musik seiner Großväter während der »Internationalen Tage Jüdischer Musik und Kultur« erklingen

von Christine Schmitt  21.11.2024

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024