Das Verfahren gegen den Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bielefeld, Irith Michelsohn und Yuval Adam ist gegen eine Zahlung von 750 Euro an die Staatskasse eingestellt worden. Erwiesene Unschuld, sagen die Beklagten. Fehler der Staatsanwaltschaft sagen die Kläger Mark Mazur und Anna Petrowskaia.
Beschuldigungen Beide »Parteien« streiten seit Jahren heftig um Vormacht. Vor allem seit der Zahnarzt Mark Mazur und die Historikerin Anna Petrowskaia sich im Februar 2008 als sichere Sieger und neuer Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bielefeld wähnten und es durch einen Verfahrensfehler nicht wurden. Das jüngste Verfahren: Anklage wegen Untreue vor dem Amtsgericht Bielefeld gegen Michelsohn/Adam. Der Vorwurf lautete unter anderem, dass das Vorstandsduo in den Jahren 2006 und 2007 insgesamt 23.870 Euro unterschlagen hätte. Geld, das eigentlich der Gemeinde zustand. Es soll sich um Projektgelder handeln, die die Personalentwicklungsgesellschaft der Stadt Bielefeld, REGE, der Gemeinde für Ein-Euro-Kräfte gewährte.
Dass sie Honorare in Höhe von monatlich 500 Euro »für die organisatorische Betreuung von 15 Mitarbeitern« erhalten haben, stritten Michelsohn und Adam nicht ab. Sie wehrten sich allerdings dagegen, dies unrechtmäßig getan zu haben. Die Honorare hätten aber, so der Vorwurf, Vorstände und Gemeindevertretung gemeinsam beschließen müssen. Diesen Beschluss habe es nicht gegeben. Michelsohn und Adam hätten ihr Amt missbraucht.
Einstellung Wie der Sprecher des Amtsgerichtes Bielefeld, Reinhardt Baumgart, bestätigt, wurde das Verfahren nach Paragraf 153 a der Strafprozessordnung eingestellt. Michelsohn und Adam müssen 750 Euro an die Staatskasse zahlen. Das sei angesichts des Streitwertes von mehr als 20.000 Euro viel zu wenig, sagen die Kläger.
Wie Baumgart weiter erklärt, sieht der Paragraf 153 a vor, dass die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen erteilen kann. »Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen«, so Baumgart, »kommt es anschließend zu keiner Hauptverhandlung. Der Fall ist damit abgeschlossen. Die Höhe der Zahlung sagt jedoch nichts über das Schuldmaß aus.«
Deutung Irith Michelsohn und Yuval Adam werten die Einstellung des Verfahrens als Freispruch aus »erwiesener Unschuld«. Mark Mazur und Anna Petrowskaia sehen in der Verfahrenseinstellung einen Fehler der Staatsanwaltschaft. Es bestehe ein »erhebliches öffentliches Interesse an der Aufklärung« von Betrug und Unterschlagung, so Mazur und Petrowskaia. Der Streit geht weiter, dabei braucht die Gemeinde dringend einen handlungsfähigen Vorstand, um jüdisches Leben in Bielefeld zu gewährleisten.