Als ob das Coronavirus und die damit einhergehende potenzielle Bedrohung des Lebens von Menschen mit Vorerkrankungen, die Einschränkungen des Alltagslebens und die Sorgen um Arbeitsplätze nicht genug wären, wird es zunehmend schwierig, seriöse und unseriöse Meldungen über die Pandemie auseinanderzuhalten. Fakten und Tipps kursieren massenhaft, aber nicht alle sind auch wirklich hilfreich.
Welche Angebote gibt es überhaupt, und welche richten sich an Juden, die nicht alle fließend Deutsch sprechen und verstehen können? Auf der Website der israelischen Botschaft hängt ein virtuelles »Sorry, we’re closed«-Schild, denn das Gebäude der Vertretung ist derzeit geschlossen, die Angestellten sind zu Hause in Quarantäne.
Botschafter Jeremy Issacharoff und der Gesandte der Botschaft des Staates Israel in Berlin, Aaron Sagui, waren letzte Woche positiv auf das Virus getestet worden. Unter einer Notfallnummer ist die Botschaft zwar erreichbar, es wird allerdings gebeten, dass dort wirklich nur in Notfällen angerufen wird.
Gearbeitet wird natürlich auch im Homeoffice, in der aktuellsten Meldung geht es um das Einreiseverbot für Ausländer nach Israel. Menschen mit israelischem Pass dürfen weiter ins Land, die dabei geltenden Einschränkungen, wie eine 14-tägige Quarantäne, sind auf der Website ebenfalls aufgeführt.
Tipps Auch wer sich vor Corona schützen möchte, erhält Tipps, ein Link führt zu den Informationen offizieller israelischer Stellen wie dem israelischen Gesundheitsministerium, das jeweils aktuelle Tipps und Anweisungen sowohl auf Hebräisch als auch auf Englisch veröffentlicht.
Die ZWST informiert auf ihrer Webseite auf Deutsch und Russisch über das Virus.
Auf Deutsch und Russisch informiert dagegen die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) auf ihrer Website über das Virus. Die Mitteilungen des Robert-Koch-Instituts hat man schon in der vorigen Woche übersetzt, um vor allem älteren jüdischen Zuwanderern muttersprachlichen Zugang zu wichtigen Informationen zu ermöglichen.
»Wir sind schwer beschäftigt«, berichtet Laura Cazés, Referentin für Verbandsentwicklung bei der ZWST, »aber gleichzeitig sind wir auch dankbar, dass wir zu tun haben und Unterstützung leisten können.«
Im Rahmen eines stufenweisen Akutplans war der erste Punkt, »die Personen zu erreichen, die schwereren Zugang zu Ressourcen haben«, erklärt sie. Dazu gehört ganz unbedingt das Übersetzen. »Unsere Infokampagne wird ganz konsequent sowohl auf Deutsch als auch auf Russisch gehalten.«
Falschinformationen Ein wichtiger Grund dafür sind auch die vielen kursierenden Falschinformationen, die darauf angelegt sind, Menschen in Krisenzeiten zu verunsichern. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte dazu schon Mitte Februar, die Weltgesundheitsorganisation kämpfe nicht nur gegen das Virus, »sondern auch gegen Trolle und Verschwörungstheorien, die unsere Arbeit behindern«. Bei der ZWST will man mit den übersetzten Infos des RKI auch den Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen in den Gemeinden Fakten zum Weitergeben liefern.
Aber damit hört die konkrete Hilfe der Zentralwohlfahrtsstelle noch nicht auf: Geplant sind im Laufe der Woche weitere Online-Angebote. Ein bereits bekanntes ist nunmehr sogar am Wochenende kostenlos erhältlich, und zwar das bislang im Abo erhältliche Heft »Talmud Israeli«. Es vermittelt wöchentlich jüdisches Wissen für die ganze Familie.
Die Artikel in »Talmud Israeli« sind kindgerecht aufbereitet und verfasst.
Im aktuellen Heft, das auf der ZWST-Webseite zum Download bereitsteht, geht es unter anderem kindgerecht aufbereitet um »Der lange Weg von S’charja«, außerdem werden der Mischkan, das Stiftszelt, und Sch’china, die göttliche Anwesenheit, erklärt und besondere historische Synagogen vorgestellt.
Facebook-gruppe In einer von der ZWST extra eingerichteten Facebook-Gruppe namens »Chawerim Hilfsbörse – #WeCare« werden darüber hinaus Hilfsangebote und Bitten um Hilfe zusammengeführt. Gesucht werden häufig Einkaufshilfen für ältere Menschen oder Angehörige der Risikogruppen, die das Haus möglichst nicht verlassen sollten.
Häufig werden Sprachkenntnisse benötigt, meistens Russisch – so suchen beispielsweise junge Menschen nach Freiwilligen, die ihren nicht am selben Ort wohnenden Eltern zur Hand gehen können. Aber auch Spezialisten bieten ihre Dienste an. Eine IT-Fachkraft würde gern dabei helfen, Computerprobleme zu lösen, was in Zeiten von Isolation und Quarantäne von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ist. Auch den Menschen, die arbeitsrechtliche Fragen rund um Corona haben, kann geholfen werden.
»Talmud Israeli« ist nun kostenlos als Download über die ZWST-Website zu beziehen.
»Wir haben die Hilfsgruppe initiiert, weil bundesweit so viele Leute etwas tun wollen, zum Beispiel von Makkabi, von der Studierendenorganisation, vom Jüdischen Nationalfonds KKL, und da war es wichtig, einen Platz anzubieten, wo sich Angebot und Nachfrage treffen können«, sagt Laura Cazés.
Beratungs-hotline Man habe durch Beratungs-Hotlines schon viel Kontakt zu speziellen Zielgruppen, etwa Menschen, die keine oder nur geringe Deutschkenntnisse haben, und Menschen mit Behinderungen. »Die Berater kennen deren Bedürfnisse. Nun sind sie zusätzlich aufgerufen, durch die Pandemie entstandene spezifische Bedürfnisse zu erfassen und sie gegebenenfalls mit den Freiwilligen zusammenzuführen, die in der Facebook-Gruppe aktiv sind.«
Manchmal reicht allerdings auch schon der Hinweis auf bestehende Angebote, wie der auf das ebenfalls bei der ZWST unter https://mitzvenow.de erhältliche Schabbat-Starter-Abo mit Kiddusch-Wein oder alkoholfreiem Traubensaft und Challot, in dem zu Pessach auch Mazze enthalten ist. Die Pakete werden nach Hause geliefert, Einkaufshilfen daher nicht benötigt.
Das wird aber noch nicht alles sein, verspricht Laura Cazés: Noch in dieser Woche wird die ZWST weitere Projekte starten, die sich unter anderem auch an junge Menschen und Eltern richten, denen das Leben in Zeiten von Corona erleichtert werden soll.