Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den diesjährigen Leo-Baeck-Preis an den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, verliehen. Damit werde sein »langjähriges, herausragendes Engagement für ein liberales und aufgeklärtes Deutschland ausgezeichnet«, heißt es in der Preisbegründung.
Sein Einsatz gegen Antisemitismus, für freie Religionsausübung sowie sein Einstehen für die jüdische Gemeinschaft und den Staat Israel seien ihm Richtschnur in seinem politischen und gesellschaftlichen Handeln.
Zentralratspräsident Josef Schuster betonte bei der Preisverleihung am Donnerstagabend in Berlin, es sei das erste Mal, dass der Zentralrat der Juden seine höchste Auszeichnung an eine Person mit muslimischem Hintergrund verleiht. Özdemirs Bekenntnis zum »säkularen Islam« stehe in einem größeren Kontext, »dem Kampf gegen die Politisierung des Religiösen, dem Kampf gegen Ausgrenzung und ganz speziell Ihrem Kampf gegen Antisemitismus.« Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sei ihm zu tiefstem Dank verpflichtet.
religionsfreiheit Schuster bezeichnete den Grünen-Politiker als einen Liberalen, Verfassungspatrioten und einen Verteidiger Israels, er sei ein »vehementer Streiter gegen Fanatismus, Ausgrenzung und Antisemitismus sowie für Religionsfreiheit«.
Zentralratspräsident Josef Schuster bezeichnete den Grünen-Politiker als einen Liberalen, Verfassungspatrioten und einen Verteidiger Israels.
Freiheitliche Werte, zu denen auch die Religionsfreiheit gehört, gelte es immer wieder zu verteidigen, so Schuster. Und so bezog sich der Zentralratspräsident auch auf den in Krisenzeiten zu verzeichnenden Zulauf radikaler Kräfte: »Ich habe große Sorge vor einem wachsenden Antisemitismus in diesem Winter, der nicht nur für die Jüdinnen und Juden in Deutschland gefährlich werden würde, sondern für unsere Gesellschaft als Ganzes.«
Auch Schriftstellerin Ronya Othmann erwähnte in ihrer Laudatio den Judenhass, ebenso den linken Antisemitismus, der, wie sie sagte, gern unter dem Deckmantel vermeintlicher Israelkritik daherkomme. Cem Özdemir habe den Kampf gegen Antisemitismus zu seiner Sache gemacht: »Er hat eben erkannt, man darf diejenigen, die der Antisemitismus in erster Linie und am meisten trifft, nicht mit ihm alleinlassen.«
Bei Özdemir finde sich zudem »Witz, gepaart mit Haltung«, sagte Othmann. Özdemir sei zu sehr Realpolitiker, als dass er glaube, dass Sprache allein die Welt ändern könne. Das Erinnern sei bei ihm »nicht Selbstzweck«; es schließe auch eine Verantwortung ein.
dankesrede In seiner Dankesrede machte Cem Özdemir deutlich, dass Antisemitismus und Antiliberalismus stets Hand in Hand gehen: »Wo Antisemitismus grassiert, da wird auch unser Grundgesetz angegriffen und alles, wofür ein modernes, weltoffenes Deutschland steht. Und da, wo dieses moderne, weltoffene Deutschland angegriffen wird, da ist der Antisemitismus nicht weit.« Daher sei der wehrhafte Kampf für die liberale Demokratie immer auch ein Kampf gegen Antisemitismus.
»Da, wo dieses moderne, weltoffene Deutschland angegriffen wird, da ist der Antisemitismus nicht weit.«
Leo-Baeck-Preisträger Cem Özdemir
Es wäre falsch, so Özdemir, nur darauf zu vertrauen, dass eine liberale Demokratie aufgrund ihrer bloßen Existenz überzeuge und den moralisch unzerstörbaren Kitt einer Gesellschaft bilde. »Vielmehr muss die liberale Demokratie auch in ihrer alltäglichen Praxis und durch Entscheidungen der durch sie legitimierten Verantwortlichen nachweisen, dass sie tatsächlich besser ist als alle anderen Alternativen.«
Der Grünen-Politiker wurde als Sohn türkischer Einwanderer 1965 in Urach in Baden-Württemberg geboren. Als Kind hat Özdemir, so berichtete er in mehreren Interviews, viele Facetten von Diskriminierung erlebt. Als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die ihn besonders geprägt hat, nennt Özdemir den langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis (1927-1999).
Die Auszeichnung, die seit 1957 vergeben wird und an Rabbiner Leo Baeck (1873–1956) erinnert, ist mit 10.000 Euro dotiert. Zu den bisherigen Preisträgern gehören die Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Roman Herzog, Verlegerin Friede Springer und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Jahr 2019 erhielt der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner den Preis. ddk
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