Prominente Unterstützung erhielt die Jüdische Einheitsgemeinde Kiel und Region vergangene Woche für den Ausbau des Gemeindezentrums an der Wikingerstraße in Gaarden.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und sein Vorvorgänger Peter Harry Carstensen, seit Februar Antisemitismusbeauftragter im nördlichsten Bundesland, besuchten die Gemeinde und ließen sich vom Gemeindevorsitzenden Igor Wolodarski und der Geschäftsführerin Viktoria Ladyshenski die Pläne für die Sanierung der alten Gebäude und den neuen Synagogenanbau zeigen.
Besuch »Das war für uns ein sehr wichtiger und positiver Besuch, und der Ministerpräsident hat uns seine Unterstützung zugesagt«, sagte Viktoria Ladyshenski. Bei ihrem Besuch betonten Günther und Carstensen, es sei der Auftrag von Landesregierung, Bürgerinnen und Bürgern, dem Antisemitismus in der Gesellschaft gemeinsam entgegenzutreten.
Menschen dürften beim Gottesdienst in der Synagoge keine Angst vor Überfällen haben. Daher wolle die Landesregierung die Pläne der Jüdischen Gemeinde Kiel und Region unterstützen, das Gemeindezentrum zu sanieren und wieder zu einem Mittelpunkt jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein zu machen.
Antisemitismus »Auch wir müssen uns gegen den Antisemitismus wappnen, denn die Menschen haben immer weniger Hemmungen, Anschläge zu verüben«, sagte Ladyshenski. Doch die Gemeinde habe viele Solidaritätsschreiben erhalten. »Wir haben dem Ministerpräsidenten unsere Arbeit dargestellt, die wir hier seit Jahren machen«, berichtete Ladyshenski. Die neue Synagoge soll 180 Besuchern Platz bieten. In den jetzigen Gemeinderäumen können nur rund 40 Personen Gottesdienst feiern.
Baubeginn soll möglichst noch in diesem Jahr sein.
Genaue Angaben über Kosten und Zeitplan wollte die Geschäftsführerin der Gemeinde noch nicht geben. Zurzeit laufe die Ausschreibung, und erst, wenn der Zuschlag für alle Gewerke erteilt worden sei, würden auch die Zahlen genau bekannt sein. Baubeginn solle möglichst noch in diesem Jahr sein. »Wir wünschen uns, dass wir – mit viel Glück – die neue Synagoge im Sommer 2021 einweihen können«, hofft Ladyshenski. Allerdings steht die Finanzierung noch nicht ganz, doch die Gemeinde ist mit dem Land und der Stadt Kiel wegen Zuschüssen im Gespräch.
Corona-Krise Die Corona-Krise indes habe viele Mitglieder der Gemeinde geschwächt, denn um allen Vorsichtsmaßnahmen und Hygienevorschriften zu entsprechen, konnten – wie überall – weder Pessach gefeiert noch Gottesdienste abgehalten werden. Auch das Café der Gemeinde, viele Kurse, Ausflüge und weitere gemeinsame Aktivitäten mussten ausfallen.
»Wir haben uns vor allem um die älteren Mitglieder gesorgt, sie angerufen, ihnen Lebensmittel und Hygieneartikel vor die Tür gestellt«, zeigte sich die Geschäftsführerin zufrieden mit ihrem Corona-Krisenstab.
Jetzt werden wieder Sprechstunden angeboten, und auch Gottesdienste könnten wieder abgehalten werden. »Corona-Kranke hatten wir zum Glück nicht«, sagte Ladyshenski. Die seit Ende 2004 bestehende Gemeinde hat etwa 450 Mitglieder, die in Kiel, Rendsburg, Neumünster und Schönkirchen im Kreis Plön leben.
Daneben gibt es noch eine weitere Gemeinde: Die Jüdische Gemeinde Kiel pflegt einen liberalen Ritus und hat vor einem Jahr an der Waitzstraße ihre Synagoge eingerichtet. Beide Gemeinden sind Mitglied im Zentralrat der Juden. Allem Antisemitismus zum Trotz: In einem Jahr könnte Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt zwei Synagogen haben.