»Du bist der beste Opa von Europa«, reimt der fünfjährige Emanuel. Seine Aussprache ist etwas holprig, denn Deutsch ist nicht seine Muttersprache. Er, seine Mutter Laila und der zweijährige Bruder Gabriel sind aus New York nach München gekommen. Zum 90. Geburtstag des Urgroßvaters Isak Wasserstein. Weitere drei Urenkel und Enkeltochter Lilian gratulierten telefonisch aus Kalifornien. Enkel Benjamin rief aus Tel Aviv an, Schwiegertochter Karen war gekommen.
Jung erhalten »Ihre Familie muss wohl Ihr Jungbrunnen sein«, gratulierte Präsidentin Charlotte Knobloch dem vitalen Jubilar bei der Feier im Gemeindesaal der Kultusgemeinde. Dabei schien vor fast 70 Jahren der Tod für den jungen Isak fast besiegelt zu sein. Ich stand an der Rampe von Auschwitz – unter diesem Titel hat Isak Wasserstein die Jahre des Leidens und des Terrors der Schoa niedergeschrieben. Er überlebte und blieb nach seiner Befreiung in Garmisch-Partenkirchen. Dort führte er gemeinsam mit seiner Frau Rosa und seinen Kindern David und Mirjam die Traditionen eines jüdischen Lebens fort, so, wie er sie in seinem Warschauer Elternhaus gelernt hatte.
Am 8. Februar konnte er seinen 90. Geburtstag feiern. Und nach allen telefonischen Grüßen fehlten nur noch die Enkel Deborah und Michael. Die waren als Überraschungsgratulanten aus Israel ins Gemeinderestaurant Einstein gekommen. Seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln hat Isak Wasserstein auch das Buch gewidmet, »um auch innerhalb der Familie das Schweigen über eine Zeit zu brechen, die nicht in Vergessenheit geraten darf«, wie Charlotte Knobloch betonte. Sie erinnerte aber auch an Wassersteins Engagement, als Zeitzeuge an vielen Schulen zu sprechen: »Obwohl das Erinnern viel Kraft kostet, ist es dennoch wichtig und notwendig, damit sich junge Menschen für eine tolerantere und menschlichere Zukunft einsetzen.«
Ehrenmitglied Als Anerkennung für seinen Einsatz auch in der Gemeinde überreichte die Präsidentin Isak Wasserstein eine Urkunde mit seiner Ernennung zum Ehrenmitglied der IKG. Rabbiner Steven Langnas zeigte sich tief beeindruck vom jüdischen Wissen des Jubilars und seinem Engagement für die Kultusgemeinde. Wasserstein habe immer auch ein Herz für die Jüngsten in der Synagoge. Die wüssten, dass dieser neben Tallit und Sidur in seinem Fach an seinem Sitzplatz in der Synagoge auch immer Süßigkeiten für sie bereit hält.
Der Jubilar bedankte sich bei seinen Freunden, die mit ihm den Geburtstag feierten. Er dankte Schwiegertochter und Enkelkindern, vor allen aber seiner Frau, mit der er seit mehr als 63 Jahren Freud und Leid teilt. Überglücklich nahm er seinen jüngsten Urenkel auf den Arm. Dass seine langjährigen Freunde und Charlotte Knobloch mit ihm feierten, empfand er als große Auszeichnung und einen Beitrag, seinen Geburtstag als »ehrenhaften Tag« zu gestalten. Gleichwohl vergaß Isak Wasserstein auch an seinem Jubeltag nicht die Mizwot, die für ihn nicht nur religiöses Gebot, sondern selbstverständlicher Bestandteil seines Lebens sind. Die Zuwendungen zu seinem Geburtstag stockte er auf 1.000 Euro auf. Diese kommen der »Society for the Blind«, einer Schule für Blinde in Petach Tikwa, zugute.