Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Charlotte Knobloch zu deren 90. Geburtstag als »Versöhnerin und eine leidenschaftliche, streitbare Demokratin« gewürdigt. Wegen ihres Engagements für die Versöhnung zwischen Juden und Nichtjuden sei sie ein Vorbild, sagte Steinmeier beim Festakt zu Ehren Knoblochs am Sonntag in München.
»Ich bin zutiefst dankbar für das Geschenk der Versöhnung, das Sie unserem Land und auch mir persönlich gewährt haben! Es ist ein kostbares Geschenk. Ohne Menschen wie Sie wäre auch ich heute ein anderer.« Sie sei ein »Füllhorn der Mitmenschlichkeit«.
PRÄGEND Steinmeier erinnerte an Knoblochs Engagement in den verschiedenen Ämtern, die vor ihr keine Frau innegehabt habe. Dies gelte etwa für das Amt der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland oder an der Spitze der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Knobloch habe auch international gewirkt, etwa im Jüdischen Weltkongress, deren Vizepräsidentin sie zwischen 2005 und 2013 war, und im Europäischen Jüdischen Kongress.
»Immer haben Sie das Gespräch, den Dialog gesucht für Versöhnung, für ein friedliches, aufgeklärtes Miteinander der Religionen«, so der Bundespräsident weiter. Knobloch stehe für das »Wunder«, dass in Deutschland das jüdische Leben wieder aufgeblüht sei.
Das jüdische Zentrum am Münchner Jakobsplatz, das Knobloch maßgeblich ermöglicht hatte, zeuge davon. Zudem erinnerte Steinmeier an die im Sommer erzielte Einigung um Entschädigungen für die Hinterbliebenen des Olympia-Attentats von 1972 in München.
»Das gibt mir die Kraft, das zu tun, was ich tue.«
Charlotte Knobloch über das jüdische Gemeindezentrum in München
Die Jubilarin scheue nicht klare und deutliche Worte. Zu mahnen begreife sie als eine ihrer vordringlichen Aufgaben, betonte der Bundespräsident. »Und gerade in einer Zeit wie der jetzigen, in der unsere Demokratie in vielen westlichen Demokratien, aber auch bei uns stärker angefochten wird, brauchen wir Sie, braucht unser Land Ihre Stimme.«
TRAUM Charlotte Knobloch sieht das Münchner jüdische Gemeindezentrum am St.-Jakobs-Platz als ihre größte Lebensleistung an. Bei einer Pressekonferenz zum Festakt anlässlich ihres 90. Geburtstag sagte sie am Sonntag: »Es war ein Traum, der sich realisiert hat.«
Knobloch hob hervor, welchen Beitrag das Gemeindezentrum für das jüdische Leben in Deutschland geleistet habe und leiste. Sie freue sich jeden Morgen, wenn sie die Kinder in die zum Zentrum gehörende Schule gehen sehe. »Das gibt mir die Kraft, das zu tun, was ich tue.« Es sei ihr sehr wichtig, dass jüdisches Leben in Deutschland eine Zukunft habe. Juden hätten immer zu Deutschland gehört, betonte sie.
Sorge mache ihr, dass es nach wie vor Antisemitismus gebe. Den jungen Menschen in Deutschland riet sie: »Lasst euch von niemandem erzählen, wen ihr lieben oder hassen sollt.« Sie kritisierte, viele Politiker hielten schöne Sonntagsreden über Antisemitismus, doch wenn es um echte Konsequenzen gehe, seien sie oft zu langsam und zurückhaltend.
Am Festakt nahmen neben dem Bundespräsidenten auch zahlreiche weitere Spitzenpolitiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) teil. Söder bezeichnete Knobloch als »Fixstern am bayerischen Firmament«. »Sie sind einfach ein toller Mensch!« Knoblochs Tapferkeit mache anderen Menschen so viel Mut.
Knobloch wurde in München geboren, erlebte dort die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und überlebte die Verfolgung durch die Nationalsozialisten in einem Versteck auf dem Land in Franken bei einer ehemaligen Hausangestellten ihres Onkels. Nach Kriegsende kehrte sie in ihre Heimatstadt zurück. Dort heiratet sie 1951 den Kaufmann Samuel Knobloch, einen Überlebenden des Krakauer Ghettos. kna/epd/ja
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