Ferien

Und es ist Sommer

Für die älteren Jugendlichen sind vor allem die Machane-Ziele in Italien interessant. Foto: ZWST

Sechs Wochen Sommerferien. Was für Kinder gleichbedeutend mit endlosen Tagen voller Spaß und vor allem ohne lästige Hausaufgaben und Klassenarbeiten klingt, stellt Eltern ziemlich oft vor logistische Probleme. Denn neben der Frage, wo es denn in den drei Wochen Familienferien hingehen soll, stellt sich gerade bei Berufstätigen auch die, wo der Nachwuchs in der restlichen Zeit untergebracht werden kann.

Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) bietet im Sommer traditionell jeweils zu drei verschiedenenen Zeiten Machanot an. Die Reiseziele sind auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Altersstufen zugeschnitten: Für Kinder zwischen acht und elf Jahren ist Bad Sobernheim das Ziel. Die Älteren fahren nach Italien an die Adriaküste. Dazu kommt ein Israel-Machane für Jugendliche ab 15 Jahren.

Der erste Turnus hat schon am 30. Juni begonnen, der zweite dauert vom 14. bis 25. Juli und ist bereits ausgebucht. Für den dritten Turnus (vom 28.Juli bis 8. August) sind online noch Anmeldungen möglich.

erinnerungen Kurz nach ihrer Wiedergründung 1951 machte die ZWST in den 60er-Jahren jüdischen Kindern und Jugendlichen Freizeitangebote, weiß Aron Schuster, seit einem Jahr Direktor des jüdischen Verbandes der Wohlfahrtspflege. »Das erste Reiseziel war Wembach im Schwarzwald, damals wurde noch gezeltet.« Schuster wuchs in Würzburg auf, »einer typischen mittelgroßen Gemeinde ohne jüdischen Kindergarten und ohne jüdische Schule«.

Für einige Wochen in einer jüdischen Umgebung zu leben, ist etwas ganz Besonderes.

Er weiß, wie wichtig die ZWST-Reisen für Kinder und Jugendliche sind. »Ein, zwei Wochen ausschließlich in einem jüdischen Umfeld zu leben, ohne sich ständig erklären zu müssen, das ist gerade für diejenigen aus den kleinen und mittleren Gemeinden etwas ganz Besonderes.« Neben den geschlossenen Freundschaften sei aber auch das Hineinwachsen in Engagement etwas, dass das Leben nachhaltig beeinflusst. »Oft entsteht eine richtige Laufbahn, vom Teilnehmer stufenweise zum Jugendleiter und darüber hinaus. Man kann schon sagen, dass die Jugendarbeit der ZWST ein Inkubator für jüdisches Leben in Deutschland ist.«

Friedrich Thul, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Aachen, weiß aus Erfahrung, dass viele jüdische Eltern ihren Urlaub nach den ZWST-Terminen ausrichten. »Anfang des Jahres, wenn das Programm feststeht, wird sofort nachgeschaut, und dann plant man die Ferien sozusagen drumherum.«

ONline-anmeldung Am 12. Juli ist in Nordrhein-Westfalen der letzte Schultag. Wie viele jüdische Kinder aus Aachen einen Platz bei den ZWST-Machanot ergattert haben, weiß Thul allerdings nicht genau. »Seit die Anmeldung zu den Ferienangeboten der ZWST online möglich ist, bekommen wir als Gemeinde nicht mehr so genau mit, wer alles teilnimmt«, sagt er. Ein eigenes Programm bietet die Aachener Gemeinde in der Ferienzeit nicht.

»Die genaue Zahl der Anmeldungen kennen wir nicht, aber es sind viele«, sagt auch Michael Szentei-Heise, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Für die jüdischen Kinder, die in den Sommerferien nicht wegfahren können, gibt es in Düsseldorf ein umfassendes Programm. »Das machen wir schon seit vielen Jahren so«, berichtet Szentei-Heise.

Das Programm wird von der Stadt mitfinanziert, gemeinsam mit unterschiedlichen Trägern. »Früher hieß das ›Stadtranderholung‹, heute hat es den deutlich attraktiveren Namen Düsselferien.«

Als Kind und auch noch als Jugendlicher nahm Szentei-Heise selbst an jüdischen Feriencamps teil. »Ich war aktiver ZJDler (Zionistische Jugend in Deutschland, d. Red.)«, sagt er, »ich war immer dabei, in den Sommerferien, aber auch bei den anderen Angeboten wie den Wanderferien. Meine Mutter war alleinerziehend, und sie war natürlich sehr froh, dass es hier diese Möglichkeit gab, mich während der Ferien sicher und gut betreut zu wissen.«

Seit einem Beschluss der Kultusminister im Jahr 1964 starten die Bundesländer zeitversetzt in die Ferien. Nicht nur, um Staus auf den Autobahnen zu vermeiden, sondern auch, damit die attraktiven Urlaubszeiten im Hochsommer einigermaßen gerecht verteilt werden, wurde das sogenannte Hamburger Abkommen geschlossen. Zwei Bundesländer sind allerdings davon ausgeschlossen: Baden-Württemberg und Bayern, die damals damit argumentierten, dass die Kinder bei der Ernte helfen müssten und deswegen die Ferien nicht schon im Juni beginnen dürften. 45 Jahre später ist die Begründung heute eine andere: In beiden Bundesländern gibt es Pfingstferien, auf die nicht sofort Sommerferien folgen sollten.

sommercamp Seit zehn Jahren wird in Stuttgart ein eigenes Sommercamp angeboten, zwei Wochen lang können Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren ein abwechslungsreiches jüdisches Ferienprogramm erleben. Unter Leitung des Ulmer Rabbiners Shneur Trebnik gibt es unter anderem einen Kabbalat Schabbat für Familien sowie Ausflüge, außerdem wird gebastelt, gespielt und gelernt. Svetlana Moroz, in der jüdischen Gemeinde zuständig für Großveranstaltungen, berichtet, dass die Gemeinde dafür sogar Unterstützung von auswärts erhält, »einige Madrichim reisen aus Wien an«, erzählt sie.

Rund 50 Kinder werden auch in diesem Jahr dabei sein, »hier im Haus haben wir zum Glück genug Räume, um allen ein altersgemäßes Programm bieten zu können«.

Ido Simon Mund kam vor zwei Jahren als Schaliach, Gesandter, aus Israel, um bei der Zionistischen Jugend Deutschlands als Jugendleiter zu arbeiten – regelmäßige Ferien- und Wanderangebote gehören fest zum Programm.

In diesem Jahr fällt das ZJD-Sommercamp wegen der European Maccabi games aus.

In diesem Jahr wird es allerdings keine ZJD-Sommercamps geben, und das hat einen einfachen Grund, wie Mund erklärt: »2019 ist Maccabiah-Jahr, Ende Juli starten die European Maccabi Games (EMG), an der viele unserer Jugendlichen als Sportler teilnehmen werden – und da wäre es doch schade, wenn es zu Terminkollisionen käme.«

Skifahren Danach laufe dann aber alles wieder wie gewohnt, Ende Dezember wird es ein Wintercamp für Skibegeisterte und solche, die es werden wollen, geben. Und im Jahr darauf auch wieder Sommerlager, »wo genau, das verraten wir aber noch nicht, es wird eine Überraschung«. Wer sich für das Programm interessiere, sollte die Mailingliste der ZJD abonnieren (lp.vp4.me/gs5b) oder sich auf Facebook (www.facebook.com/ZJDDeutschland/) informieren.

Chabad Lubawitsch bietet ebenfalls Camps an, die terminlich auf die unterschiedlichen Ferienzeiten der einzelnen Bundesländer zugeschnitten sind. Für Kurzentschlossene empfiehlt es sich, sich in einem der acht Chabad-Zentren (in Bad Homburg, Berlin, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Freiburg) oder online über das Angebot zu informieren. In Düsseldorf lädt Chabad beispielsweise zwischen dem 15. und 26. Juli zu Ausflügen, Wanderungen, Basteln, Sport in »jüdischer Atmosphäre« und sehr viel Spaß ein. Anmelden kann man sich hierfür unter www.chabad-duesseldorf.de.
www.zwst.org; www.chabad.de

Berlin

Hommage an jiddische Broadway-Komponisten

Michael Alexander Willens lässt die Musik seiner Großväter während der »Internationalen Tage Jüdischer Musik und Kultur« erklingen

von Christine Schmitt  21.11.2024

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024