Im zeitlichen Umfeld der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager mehren sich Schmierereien von Nazi-Parolen und Drohungen gegen Politiker. So sah sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wegen seiner Flüchtlingspolitik Morddrohungen ausgesetzt. Ramelow habe in den vergangenen Wochen teilweise über soziale Netzwerke Drohschreiben erhalten, darunter seien auch Morddrohungen, bestätigte die stellvertretende Regierungssprecherin Marion Wolf am Montag in Erfurt.
Am Dienstag berichtete die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung, dass auch der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) wegen seines Einsatzes für Toleranz Morddrohungen erhalten hat. Diese trafen nach einem Auftritt in der ARD-Talkshow »Günther Jauch« zum Thema »Pegida« im Januar ein.
Drohungen Mitte März hatte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) mehr Unterstützung von der Polizei gefordert, nachdem vor ihrem Privathaus in Berlin ein Aufmarsch von rechten Demonstranten stattgefunden hatte. Anfang März war der Ortsbürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Markus Nierth, wegen rechtsextremer Anfeindungen zurückgetreten.
Hinzu kommen Nazi-Schmierereien. S0 haben Unbekannte in der Nacht zum Sonntag in der Nähe der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg am Ortseingang des oberpfälzischen Ortes Floß Wegweisertafeln und Ortsschilder mit Nazi-Parolen beschmiert. Auch auf einem Zaun fanden sich auf über 80 Metern antisemitische Parolen wie »Judenhass« und »Deutschland wach auf«. Die Schriftzüge wurden schnell entfernt.
Bonhoeffer Ob die Schmierereien im Zusammenhang mit den Gedenkfeiern zum 70. Todestag des evangelischen Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer in Flossenbürg stehen, konnte die Polizei nicht sagen. In Flossenbürg hatte die evangelische Kirche in den vergangenen Tagen an den Theologen und NS-Gegner Bonhoeffer erinnert. Die Nationalsozialisten hatten den Berliner Pfarrer am 9. April 1945 im KZ hingerichtet, weil er sich an den Plänen zum Hitler-Attentat 1944 beteiligt hatte.
Generell habe die Zahl rechtsextrem motivierter Gewalttaten in Deutschland zugenommen, berichtete der Berliner Tagesspiegel am 9. April. So habe es allein in den ersten zwei Monaten dieses Jahres bundesweit bereits 98 Angriffe von Neonazis und anderen Rechten gegeben, berichtet die Tageszeitung. Dabei seien 67 Menschen verletzt worden. Die Summe aller rechten Delikte einschließlich Hakenkreuz-Schmierereien, Volksverhetzungen und Drohungen liegt bei insgesamt 1728 Straftaten. Darunter fällt auch der Angriff auf das Privathaus des Hofer Oberbürgermeisters Harald Fichtner (CSU), das Ende März mit Hakenkreuzen beschmiert worden war. epd