Ein ungewöhnliches Bild am Rande des Nelly-Sachs-Hauses in Düsseldorf. Wo sonst Autos parken, sitzt ein Cellist alleine auf einem Stuhl, vor sich sein Instrument, ein Cello aus dem Jahr 1860. Einen Meter entfernt ein hoher Zaun, der das Düsseldorfer Elternheim umgibt. Unter einem großen roten Sonnenschirm hat Alexander Dimitrov seinen Soloplatz aufgebaut.
Nelly-Sachs-Haus Hinter dem Zaun sitzen Bewohnerinnen und Bewohner des Nelly-Sachs-Hauses. Mit großem Abstand sind ihre Stühle aufgestellt, vereinzelt sind auch mobile Pflegebetten mit Liegendpatienten in den Gartenbereich und auf die Terrasse gerollt worden. Strahlender Sonnenschein am Sonntagnachmittag.
Es erklingen Auszüge aus den Rokoko Variationen von Peter Tschaikowsky und die Ungarische Rhapsodie für Celle von David Popper, mal melancholisch, mal beschwingt. Der Zaun trennt, die Musik verbindet. Ein Konzert in Corona-Krisenzeiten.
»Besondere Zeiten benötigen besondere Aktionen«, sagt Heimleiter Bert Römgens.
»Besondere Zeiten benötigen besondere Aktionen.« Mit diesen Worten hat Bert Römgens, der Leiter des Nelly-Sachs-Hauses, die Zuhörer im Freien kurz zuvor begrüßt.
Die Idee für die musikalische Abwechslung ist durch Vermittlung von Tanja Rubinstein-Horowitz, der Frau des Düsseldorfer Gemeindevorstehers, entstanden, die Kontakt zu dem ursprünglich aus Bulgarien stammenden Cellisten hat und ihn spontan fragte, ob er sich solch ein ungewöhnliches Freiluftkonzert vorstellen könne.
Alexander Dimitrov, der 1993 in Pleven geboren wurde und seit 2013 an der Robert-Schumann-Hochschule für Musik in Düsseldorf studiert, sagte gerne zu.
Besuchsstopp Bereits seit dem 13. März besteht im Elternheim ein Besuchsstopp, um den Schutz für die Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten. Unter Auflagen dürfen die Senioren noch das Heim verlassen und beispielsweise in Begleitung eines Pflegers im angrenzenden Nordpark spazieren gehen.
»Es ist für die Bewohner im Moment eine ganz, ganz schwierige und schlimme Situation, aber sie ertragen das mit viel Ruhe und viel Gelassenheit. Sie sind sehr zugewandt und erkennen auch den Sinn«, beschreibt Einrichtungsleiter Bert Römgens die derzeitige Stimmung im Haus. Er lobt den »sehr harmonischen Austausch zwischen den Mitarbeitern und Bewohnern«.
Auch von der Gemeinde fühlt sich das Elternheim gut unterstützt. So kamen bereits Grußbotschaften von Vorstand und Gemeinderat, Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums schickten kleine Videos, und ab und zu schaltet sich Oberrabbiner Raphael Evers via Video zu.
Face-Time Fast alle anderen Einrichtungen der Gemeinde mit Ausnahme der Sozialabteilung und der Notgruppe in der Kita seien geschlossen, erzählt Römgens. »Wir können nicht schließen und haben große Sorge und ein hohes Maß an Präventionsmaßnahmen, damit wir Covid-19 nicht in die Einrichtung bekommen.« Den Kontakt zu den Angehörigen versucht man trotz Besuchsstopp dennoch zu ermöglichen – zum Beispiel übers Internet, via FaceTime.
Auch an den Fenstern und auf den Balkonen lauschen die Senioren dem Cellospiel.
Während Alexander Dimitrov Cello spielt, sucht sich die Musik ihren Weg zu den Zuhörern in den Gartenstühlen, und auch zu denjenigen, die an den Fenstern und auf den Balkonen des Elternheims zuhören. Das Wetter ist traumhaft.
Am Rande kommen auch Spaziergänger des angrenzenden Nordparks in den Genuss des ungewöhnlichen Open-Air-Auftritts und stellen sich ebenso wie die diensthabenden Polizistinnen sowie Zuhörer aus der Gemeinde an den Rand des Parkplatzes. Ein schöner Moment der Verbundenheit in räumlicher Distanz.