Wie übersteht ein Mensch das Überleben nach dem Holocaust? Wie reagieren Kinder und Erwachsene auf extreme Erlebnisse, sogenannte Traumata? Das waren zwei der vielen Fragen der Tagung »Gebrochene Identitäten«, zu der die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST), die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« sowie die »Aktion Mensch« nach Frankfurt am Main eingeladen hatten.
Dass es keine eindeutigen Antworten auf diese Fragen gibt, erläuterte der Psychiater Martin Auerbach in seinem Vortrag über »Trauma, Dissoziation und gebrochene Identitäten«. Extreme traumatische Erlebnisse können zu »überdurchschnittlichem Erinnerungsvermögen«, aber auch zu »Gedächtnislücken« führen, so der klinische Direktor von Amcha Israel. Als eine mögliche Behandlungsform nannte Auerbach die »Lebensrückblick-Therapie«.
International Mehr als 100 Teilnehmer waren ins jüdische Gemeindezentrum gekommen – unter anderem aus verschiedenen deutschen Städten sowie aus Frankreich, Bosnien, Russland und der Ukraine. Drei Tage lang näherten sie sich dem Oberthema und spezifischen Aspekten – wie etwa Identitäten voller Ambivalenzen – aus unterschiedlichen Perspektiven.
Neben Vorträgen, Filmen und Workshops gab es Gespräche mit Lea Balint (Polen und Israel) und Lilo Güntzler (Frankfurt), die als sogenannte Child-Survivors die Schoa überlebt haben. Während Lilo Güntzler mehr als 60 Jahre lang aus Angst schwieg, hatte Lea Balint eine Lücke in ihren Erinnerungen.
Belastungen Den »Bedingungen biografischen Erinnerns« war der Vortrag von Lena Inowlocki zum Auftakt der Tagung gewidmet. »Für Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend verfolgt wurden, haben sich Traumatisierung und anhaltende psychische Belastung auch darauf ausgewirkt, in welcher Form sie über ihr Leben sprechen«, so die Soziologin.
Die biografische Erinnerung verändere sich durch das Älterwerden; durch Krankheiten und das Angewiesensein auf andere und professionelle Hilfe könnten sich belastende Erinnerungen verstärken. Darauf müssten Fachkräfte in speziellen Schulungen vorbereitet werden. In Workshops zu Übertragungsmechanismen und zur Arbeit mit Überlebenden konnten sich die Fachleute einzelnen Aspekten widmen.